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tigt wurden und ein „opus tcxtile", nicht aber ein "opus acus"
waren. Wir werden im Verlaufe dieser Abhandlung naher aus-
zuführen Gelegenheit haben, welcher Vorrichtungen man sich bc-
diente, und wie überhaupt der Webstuhl beschaflexi war, auf
welchem die im alten Testamente auch für den Proiaiigebraucli
üblichen Gewänder ohne Naht angefertigt wurden. Hier sei
nur im Vorbeigehen bemerkt, dass auch der Leibroek des Hei-
landes, worüber die Kriegskneehte bei seiner Kreuzigung das
Loos warfen, bezeichnet wird als eine „toga inconsutilis". WVie
es scheint, war bereits in den Tagen des h. Ilieroxiynlus die
alte Kunst, Kleidungsstücke ohne Naht zu weben, vielfach un-
bekannt geworden und nicht mehr in Üebung, deswegen nimmt
er auch in seinem Briefe an die Fabiola an, diese Bcinbckleiilung
sei genäht gewesen.
Schwieriger als die Angabe über Stoff, Farbe und Art der
Anfertigung der in Rede stehenden "braehae" dürfte die Frage
zu beantworten sein, von welcher feststehenden Form war das
Untergewand, das der einfache Priester wie der Hohepriester vor
allen übrigen Gewändern zuerst als bedeckendes Untergewand
anlegte? Indem wir hinsichtlich des Schnittes dieses Unterkleides
auf die gelehrten Untersuchungen unseres Gewährsmannes Brau-
nius hinweisen, 1) glauben wir nach Durchsicht der betreifenden
Angaben anderer Schriftsteller hier die Ansicht aussprechen zu
können: die "feminalia" seien nicht von der Form eines Sehurzes
gewesen, wie sie als "sueeinetorium", "öuiijotia" auch von den
Zweikämpfern und den Badenden im klassischen Zeitalter getra-
gen zu werden pflegten, sondern die Form sei eine solche gewesen,
wie sie auf Tat. I. Fig. 1. veranschaulicht wird. Es war nämlich
dieser Lcndengurt in zwei Theile getrennt, so dass, wie bei un-
sern heutigen Unterbeinkleidern, mit jeder Hätlfte nur immer ein
Bein bekleidet werden konnte, Worauf auch die lateinische Be-
zeichnung "cruralia", "tibialia", "duuäjvgzilrygtt zu beziehen sind.
Aus der Eingangs angeführten gesetzlichen Bestimmung des
Exodus ist schon zu entnehmen, dass „ad tegcndam carnem nu-
ditatis" diese Unterkleider nicht zu lang zu sein brauchten, son-
dern dass dieselben von ähnlicher Grösse, wie man heute eines
Vestitus Samcerdotum Hebraeorum autore Joanne Bmunie, Amsteludami
1698. Wir fügen hinzu, dass wir in den folgenden lürklärungen zumeist
den Angaben des eben genannten Gelehrten gefolgn sind, ohne zu über-
sehen, was Lundixxs, Didacus del Castellio in seinem Werke „(1e Orllilül
Aharonis" und Ilieron. Sopranis in seinem „de vestitu saero" und an-
dere Schriftsteller darüber weitläufiger ausgeführt haben.