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sonders zu rechnen ein kostbarer Messornat, den im XVII.
Jahrhundert mehrere Religiösen in dem Ursulinerkloster Zu Köln
in einer langen Reihe von Jahren mit grösster Ausdauer und
Hingabe angefertigt haben.
Wie sehr endlich im XVllI. Jahrhundert die Parainent-
stickerei, die unter Ludwig XIV. als ein grossartiges, ergiebiges
Monopol in Lyon von Fabrikanten „en gros" betrieben wurde,
von dem Ideale kirchlicher Stickerei, wie sie das Mittelalter
aufgestellt hatte, abgewichen war, dafür bilden traurige Belege
jene vielen massenhaft in schweren und steifen Goldguirlanden
gestickte Ornate, wie sie sich heute noch zahlreich in den Sa-
cristeien von Kathedralen und Stiftskirchen vorfinden. Die Gold-
sticker, die an den verschiedenen Höfen in den Tagen der Pom-
padour ihrem einbringlichen Geschäfte oblagen, und die Kleider
des Hofes, des reichen Adels mit einer unnatürlichen Fülle von
hochaurliegenden schweren Goldstickereien behafteten, übertru-
gen die Principien und Formen ihrer unschönen, geschnörkel-
ten Goldstickereien ohne Unterschied und Auswahl auch auf
die Priestergewänder, wodurch dieselben vollends ihren ernsten
kirchlichen Charakter verloren und in vielen Rillen zu einer
lächerlichen Steifheit, Schwere und Ünbeholfenheit herunter ge-
würdigt wurden. So sahen wir in den Gewandschränken zu St.
Peter in Rom, in den Sacristeien der Kathedralen von Lyon,
Paris und Wien eine grossc Zahl von Ornaten, die durch das Mas-
senhafte von verworrenen plastischen Goldstiekereien an die illlSgg-
artete, schwülstige Kunstweise der üppigen Tage Ludwigs XIV_
erinnerten, und die, ihrer erdrückenden Schwere und Ueberladen-
heit wegen, mit der einfachen Würde und dem kirchlichen Ernste
der vorhin beschriebenen Paramente des Mittelalters im grellsten
Contraste stehen. Das grossartigste Beispiel, wie sehr die kirch-
liche Stickkunst zu den Ueberladungen der Mode und den Ueber-
treibungen des Hofgeschmackes gegen Mitte des vorigen Jahl,
hunderts sich herabgelassen hatte, bietet jener äusserst kostbare
Ornat, der im kölner Dome unter dem Namen der „Clementi-
nen" eine, wir möchten fast sagen, traurige Berühmtheit erlangt
hat. Derselbe besteht heute noch aus zwei Messgewändern, acht
Pluvialen, zwölf Dalmatiken, acht Mitren und den entsprechen-
den Stolen und Manipeln, und wurde derselbe im Auftrage des
Ein ähnlicher reich gestickter Ornat findet sich heute noch in de,- sa
der ehemaligen Discalciatessen, der jetzigen Pfarrkirche der h Maria Fnstel
Schnurgasse zu Köln, m der