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verweist und ihm das ernste llrort verhält: Jjehorsam ist des Rit-
ters erste Pfiicht." Dieser interessante Teppich dürfte unserer An-
sicht nach, hinsichtlich seiner Detailformen, aus der Blüthezeit
deutscher Meistersänger, dem Schlusse des XIII. Jahrhunderts
oder dem Beginn des XIV. Jahrhunderts herrühren.
In eben beschriebener Weise, wie die Teppichsticker im
XV. Jahrhundert es vielfach versuchten, in Tuch inosaikmässig
grössere {igürliche Darstellungen zuwcge zu bringen, so begann
auch der Bildsticker, für liturgische Gewänder durch grösserc
und kleinere farbige (lompartimente aus Seide und Atlas für
billigen Preis das herzustellen, was seine kunstgeübten Vor-
gänger in den vorhergehenden Jahrhunderten durch die schwie-
rige und zeitraubende, aber auch bedeutend künstlichere Stik-
kerei in feinen Plattstiehen hervorzubringen gewusst hatten. S0
haben wir eine grüssere Zahl von Messgewändern in verschie-
denen Gegenden vorgefunden, an Welchen in der eben bezeich-
neten Weise der Heiland am Kreuze mit der Passionsgruppe
Johannes und Maria dargestellt ist, figuralisch zusammengesetzt
aus vielen (lonipzirtimenten von uni-farbiger Seide. Die Contou-
ren dieser kleinen Mosaikbilder in Seide sind mit starkgedrehten Sei-
denfäden oder Goldcordonnet abgefasst. Die Köpfe und die übrigen
Inearnationsthcile sind manchmal in einzelnen Umrissen, manchmal
aber auch in ihrer Ganzheit in trockenen lßlarben beigemalt, wodurch
der Verfall der Bildstiekerei schon deutlich angezeigt Wird. Desglei-
chen begann man auch gegen. lNIitte des XVI. Jahrhunderts die
grüssern Schwenkfahnen undBanner in ihren weiten Flächen mit sol-
chen musivischen Bildstickereien zu beleben, jedoch mit dem Unter-
schiede von der eben gedachten ügilrlichen Mosaikstiekerei im
kleinern Umfange, als Stäbe an liturgischen Gewändern, dass
diese grüssern, aus farbigem Taüet zusammengesetzten Bildwerke
transparent gestickt werden mussten. Die Hauptaufgabe bei dic-
sen grossen Figurstiekereien an Fahnen, in Weise von Mosaik,
besteht vornehmlich darin, dass der Sticker in eigener Weise seine
Verbindungsnähte so zusammenfügt, dass keine Auftrennung
der Naht, noch Brechen der Seide beim Ausbreiten der Fahne
möglich ist, Natürlicherweise wurden bei diesen zusammenge-
setzten Fahnenbildern aus der Spittzeit des lilittelalters die Schat-
tirungen der Gewänder und die Gesiehtsbildungen nicht durch
Stickerei, sondern durch eine leichte transparente Malerei er-
zielt. In neuester Zeit hat leider die Malerei sowohl bei den
Vßrtrßgß, als auch bei den Sekwenkfathnen die früher übliche
Bildstickerei vollständig verdrängt. und muss man es denn heute
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