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kleinern Stücken von vielfarbigem Tuche mosaikartig zusam-
mengesetzt waren. WVenn in diesen Teppiehwerken von Tuch
bildliche Darstellungen erzielt werden sollten, so pflegte der
Sticker das zu thun, was auch der Glasbrenncr bei Einrich-
tung und Zusammenstellung seiner grössern Glasmalereien vorzu-
nehmen gehalten war. Die Vverfertiger dieser, wenn wir so sa-
gen sollen, IIHISlVlSClIGII Teppiehstickereien, schnitten nämlich nach
Maassgabe der gewählten Zeichnung aus verschiedenfarbigem
Tuehe jene grössern und kleinern Stücke aus, wie sie in ihrer Zu-
sammenfügung das fragliche Ornament oder die beabsichtigte Zeich-
nung erforderte. Auf gleiche Weise setzte auch der Glaswirkcr
und Glasbrenner seine Figuren aus verschiedenen Stücken von
farbigem Glas zusammen. Wie nun der Glaswirker durch einen ver-
bindenden Bleistreifen die verschiedenen farbigen und eingebrannten
Glascompartimente zu einer Figur musivisch vereinigte, so verband
auch der Teppichsticker die einzelnen nach vorliegendem Muster
geschnittenen Tuchtheile durch eine feste Doppelnaht in Kreuz-
stichen und bedeckte dann diese Verbindungsnähte häufig durch
dünne platte Riemchen, die auf der äussern Seite stark vergoldet
waren. Diese Goldriemchen, durch Ueberfangstiche auf den
Teppich applicirt, bildeten alsdann bei sammtlichen Figuren und
Ornamenten die einfassenden Contouren, wie bei den gebrannten
figuralen Fenster-Mosaiken dies durch die Verbleiungen hervor-
gebracht wird.
Das erzbischöfliche Museum zu Köln besitzt ein solches grösse-
res Teppichwerk, das, aus der Pfarrkirche von Kerpen herrüh-
rend, heute sehr schadhaft geworden ist und grosse gothisehe Laub-
Ornamente zeigt, die vielfarbig aus verschiedenen Tuchstücken zusam-
mengesetzt sind, deren Verbindungsnähte, wie eben gesagt, durch
dünne Lederriemchen überdeckt worden sind. Auch unsere
Sammlung hat mehrere solcher Teppiehwerke aufzuweisen, die in
der eben angegebenen Technik vielfarbig zusammengesetzt sind.
So findet sich unter andern in derselben vor eine merkwürdige
Teppiehstickerei aus vielfarbigen kleinen Tuchcompartimenten
zusammengesetzt, in welcher zur Darstellung gebracht ist jene
schöne Legende, die von Schiller unter dem Namen „der Kampf
mit dem Drachen" so trefflich bearbeitet worden ist. Unter
frühgothisehen Kleeblattbogen sieht man nämlich in kleinem
Scenen: wie der Ritter sein Pferd an den Anblick des Drachen
gewöhnt, wie er darauf den Kampf mit dem Lindwurm wagt,
ihn besiegt und tüdtet; alsdann erscheint er vor dem stren-
gen Ordensmeister, der ihn strafend auf die Ordensgesetze