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Ordenscapelle bei feierlichem Gottesdienste gebraucht wurden.
Es sind vornehmlich dazu zu rechnen: ein Messgewand, mehrere
Dalmatiken, Pluvialen, so wie auch einzelne Vorhänge, "tapisseries
historiees", die entweder im Gebrauche waren, um die verschie-
denen Schautische damit zu bekleiden, worauf die Ordens-
Insignien und reichen Utensilien niedergelegt wurden, die bei den
Ordensfesten vom goldenen Vliess in Anwendung kamen, oder es
waren die Abschlusswände des Chores, die Fensterbrüstungen im
engern Presbyterium, zu welcher Annahme wir uns lieber hinnei-
gen möchten, damit bei solennen Gelegenheiten um den Altar
herum auf's reichste bedeckt. Unmöglich kann es unsere Ab-
sicht sein, hier eine weitere Beschreibung dieser unvergleichlich
kostbar gestickten Prachtgewänder folgen zu lassen, da es einmal
die Grenze dieses WVerkes zu sehr überschreiten würde und es
auch den Anschein nehmen könnte, einem lobensurerthen Unter-
nehmen vorzugreifen, das gegenwärtig in Wien vorbereitet wird.
Angeregt durch die stylgetreue Copirung der Kleinodien des
h. deutsch-römischen Reiches, wozu uns die Allerhöchste Erlaub-
niss grossmüthigst ertheilt wurde, hat Professor Rösner in Wien
eben vor Beendigung unserer Arbeiten daselbst es unternommen,
durch zwei geübte Künstler, die auch theilweise bei Abzeichnung
der Kleinodien thätig gewesen waren, die vielen Bildwerke der
eben gedachten "toison-dßr-Gewänder" für Herausgabe eines
grössern Werkes, wie verlautete, abzeichnen zu lassen. Wir be-
schränken uns deswegen darauf, Freunde der mittelalterlichen
Nadelmalerei vorläufig auf dieses Unternehmen aufmerksam zu
machen. Wenn der Text eben so eingehend und umfangreich
behandelt werden wird, wie die Copieen stylgetreu und brillant
hergestellt wurden, so dürfte dasselbe in jederBeziehung den pracht-
voll gestickten Ornaten würdig zur Seite stehen und würden die ar-
chäologischen Wissenschaften dadurch um Vieles bereichert werden.
Im Vorbeigehen bemerken wir noch hinsichtlich der eben gedachten
Frontalbehänge, dass dieselben mit dem höchsten Aufwande aller
technischen Hülfsmittel in grössern Bildwerken repräsentiren
sitzende Darstellungen der Apostel und Propheten, so wie auch
Scenen aus dem Neuen Testamente. Offenbar rühren die Com-
positionen jener vielen Bildwerke, wie man sie nicht genugsaln
auf den Vorhängen, dem Messgewande, den Leviten und Pluvia-
len bewundern kann, von hervorragenden Meistern der Handrischen
Maler-schule her und würde der Entwurf derselben einem der
Gebrüder van Eyck würdig anstehen. Die Ausführung der zahl-
reichen kleinern Bildwerke, namentlich auf dem herrlichen Mess-