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Wir haben oben bereits zugegeben, dass diese "oeuvrcs d'Ar-
ras", namentlich die grössern, reich scenerirte Teppichwerke bil-
deten, die als "haute-lisse" durch die Kunst des Webens erzielt
waren; es ist aber auch darauf hingewiesen worden, dass zu diesen
muvraeges dC-lrras" insbesondere gezählt wurden Stickereien mit
figurenreichen Darstellungen, wie man sie, meistens aus dem Schlusse
des XV. Jahrhunderts herstammend, heute noch vielfach von be-
sonderer Vorzüglichkcit in grössern Sacristeien antrillt. Worin be-
stand nun die eigenthümliche Anfertigungsweise und die grosse
Vollendung der Stickereien von Arras, die in alten Verzeichnissen
unter der Benennung "arassa", fast als Collectivbezeichnung
überhaupt für reiche Bildstickereicn vorkommen? Diese rei-
chen Stickereien von Arras waren meistens "battuz en
wie die alten Inventare angeben. Wie aber, so fragen wir
weiter, kann auf geschlagenem Golde „or battu" eine Stickerei
ausgeführt werden? Wie es uns scheinen will, haben französische
Gelehrte noch nicht erfasst und hinlänglich auseinander gesetzt,
wie eine solche Stickerei von Arras „en or battu" technisch be-
schaffen war, und ist dies wohl der Ursache zuzuschreiben, dass
die Letztgenannten mit dem praktischen Theile der Stickerei nicht
ausreichend bekannt sind und auch wohl weniger Umschau unter
den heute noch vorfindlichen Stickereien von Arras gehalten ha-
ben. Der Ausdruck „brodc a or battu" ist nämlich, unserer An-
sicht nach, technisch so zu erklären. Man präparirte in gezogenen
Goldfäden, die äusserst dicht neben einander gefügt und durch
Ueberfangstiche in zarter Seide auf einem leinenen Unterstoffe
befestigt wurden, eine Grundlage, die einen hellen Glanz ver-
breitete und fast wie „gehämmertes Gold" aussah. Die so gebil-
dete goldene Fläche wurde alsdann von den Kunststickern zu
Arras als Unterlage, Fond, für ihre ügurenreichen Bildst.ickereien
so benutzt, dass sie über die je zwei und zwei zusammengefügten
Goldfaden in transversalen Ueberfangstichen jene wachsenden
Farbennüancirtingen, in feiner Haarseide gestickt, so anzubringen
wussten, dass dadurch die beabsichtigte Zeichnung zur Darstellung
kam. Und nicht nur wurden so reiche Pflanzen-Ornamente erzielt
als Stickereien, ausgeführt auf diesem gelegten Goldgrunde, sondern
es wurden auch meistens in Rundmedaillons einzelne Standbilder
von Heiligen, desgleichen vielgestaltige Scenen, dem Alten und Neuen
Testamente entlehnt, in mehrern Farbenschattirungen mit höchster
D
Oeuvres complätes du
zome III. page 163.
roi
Renä,
publiäes
Mo
le
comte
de
Quatrebarbes.