289
Auflösung des tausendjährigen deutschen Reiches 1796 in der
Spittelkirche zum h, Geiste daselbst aufbewahrt. wurden, waren
wir so glücklich, in letztgenannter Stadt vier verschiedene äusserst
merkwürdige Original-Schatzverzeichnisse der St. Sebalduskirche
käuflich zu erwerben, worin in langer Reihe eine Menge reich
in Gold und Perlen gesticktcr Messornate, Paramente und
mit Bildwerken kunstreich ausgeführter liturgischer Ornamente
ziemlich ausführlich beschrieben sind. Das älteste dieser sehr
ausführlichen Verzeichnisse stammt aus dem Jahre 1624; das
jüngste derselben aus dem Jahre 1656. Die Ueberschrift des
einen von 1652 lautet: „Inventarium vnd Beschreibung Aller Or-
nament-Messgewändter, Teppich und Anderer Kirchenzier und
Fahrnuss in St. Sebaldts Pfarrkirchen alhicr befindlich, Auffge-
richtet Anno 1652." Bei der Einführung des Protestantismus in
der eben gedachten kirchen- und klosterreichen freien Rcichsstadt,
bei welchem gewaltsamen Acte der damalige Rath der Stadt
nachweislich auch aus andern Nebenabsichten starke Hand geleistet
hat, scheint eine Menge kunstreich gestickter Messornate aus den
vielen säcularisirten Klosterkirchen in die Sacristci der Haupt-
kirche der Stadt übersiedelt worden zu sein, und ist es dieser Ur-
sache zufolge erklärlieh, wie in der Sacristei der ebenfalls pro-
testantisch gewordenen Hauptkirche sich ein solcher umfangreicher
Schatz kostbar gestickter liturgischer Gewänder ansammeln konnte.
Wir lassen hier wörtlich einige der verzeichneten Rubriken fol-
gen, woraus entnommen werden kann, dass die WVappenwirker'
und Kunststicker in dem alten Nürnberg hinsichtlich ihrer künst-
lerischen Leistungen nicht im mindesten vor den Zunftgenossen
zu Köln, Augsburg und Ulm zurüekstanden. So lesen wir, um
nur einige anzuführcn, unter Rubrik H. Nr. 5: "Ein Ornat mit
einem guetem Creuz, ziemlich von Perlen, der Boden gelb, mit
grünweiss, roth und blauen Blumen, von sammet, die drei Hume-
rale mit Blumenwerckh, undxdie Heyl. drey König von Per-
lein; Ist auch auss dem Prediger Closter kommen, darauf? die
Jahrzahl 1482." Ferner unter Rubrik G. Nr. 6: „Ein schön
grün gemosiert sammetes Messgewandt, mit einem goldgelben
Boden, mit dem Ritter St. Georgen, auch Köler und Bayern
Wappen. Dann, ein Messgewandt von guldenen Stuckh und
einem erhabenen Creütz von wenig Perlen, mit Harstörfter und
Nürtzel Schilden, Ist auss dem Egidier Closter kommen."
Unter Rubrik C. Nr. 1: „Ein gueter Bolckhen Ornat mit der
Burggraffen Wappen, mit einem Creütz sambt Maria und J 0-
hanne, und die Leviten Röckh mit St. Peter und St. Sebald