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gerecht wieder hergestellü) und dass auch der Grundstoff auf die
mittelalterliche faltenreiche Form wieder zurückgeführt würde.
Auch die Pfarrkirche zu Euskirchen besitzt noch ein prachtvolles
Messgewand mit grossartig gestickten Scenen aus der Lebens-
geschichte des Heilandes, ein Meisterwerk der Stickkunst, das
von der hohen Vollendung der niederrheinischen Bildsticker aus
der zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts beredtes Zeugniss ab-
legt. Desgleichen befindet sich im Besitze des Hochwürdigsten
Bischofs von Chersoncs, Mgr. Laurent in Aachen, ein kostbar
gesticktes Messgewand, das hinsichtlich seiner vortrefflichen Na-
delmalereien mit den eben gedachten Messgewändern zu Erkelenz
und zu Euskirchen grosse Aehnlichkeit aufzuweisen hat.
Wir würden den uns enge zugewiesenen Raum für die vor-
liegenden geschichtlichen Notizen über den Entwickelungsgang,
den die Stickkunst im Mittelalter für kirchliche Zwecke genom-
men hat, bedeutend überschreiten, wenn wir in langer Reihe auf-
führen Wollten, alle jene prachtvoll gestickten Ornate aus der
Blüthezeit der kirchlichen Stickkunst, dem XV. Jahrhundert, die
wir auf mehrjährigen Reisen in Holland, Belgien und besonders
dem nordwestlichen Deutschland, den alten Sitzen des eben gie-
dachten Kunstgewerkes, noch vorzufinden und zu bewundern Ge-
legenheit hatten. Mit Umgehung des Auslandes erlauben wir uns
daher, hier für diejenigen, die ein näheres Interesse dabei finden
dürften, anzudcuten, welche hervorragenden Nadelmalereien am
Rheine sich aus den Stürmen vergangener Zeiten bis auf unsere
Tage gerettet haben.
Unter Anderm rühmt sich heute noch die Stiftung Ludwigs
des Frommen, die ehemalige gefürstete Reichs-Abtei Corneli-
Münster bei Aachen, des Besitzes eines Messornates von grosser
Vorzüglichkeit hinsichtlich der vielen in Plattstich auf's kunst-
reichste ausgeführten Scenerieen, die leider in jüngster Zeit von
ungeschickter Hand durch eine sogenannte Restauration theilweise
entstellt worden sind. Desgleichen hat auch Münstereifel, die alt-
Soll die Restauration dieses unvergleichlich reichen Gewandes nach den
Principien der mittelalterlichen Kunst regelrecht vorgenommen werden, so
muss die geübte Stickerin, die sich dieser schönen Aufgabe unterzieht, ihre
Wiederherstellung so einrichten, dass man gar nicht sehen kann, es habe
eine solche stattgefunden; mit andern Worten: die zur Restauration zu ver-
wendende vorzügliche Seide muss vorher so präparirt werden, dass sie
ihren Glanz und den Schein des Neuen vollständig verliert und in ihren
Farbennüancirungen mit dem Ton der alten Stickerei vollkommen har-
monirt.