Volltext: Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters oder Entstehung und Entwicklung der kirchlichen Ornate und Paramente in Rücksicht auf Stoff, Gewebe, Farbe, Zeichnung, Schnitt und rituelle Bedeutung nachgewiesen und durch zahlreiche Abbildungen erläutert (Bd. 1)

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Kirchen Köln's die Hanptpfarre von St. Columba die hervor- 
ragendsten Bildstickereien, welche heute noch beweisen, dass es 
in der letzten Hälfte des XV. Jahrhunderts den Kunststickern Küln's 
vollständig gelungen war, den edeln Wettkampf mit den her- 
vorragenden Meistern der befreundeten Malerzunft siegreich zu 
bestehen. Zwei dieser kostbar gesticktem Kreuzstäbe, in {iguren- 
reichen Scenen einzelne Momente aus der Lebens- und Leidens- 
geschichte des Herrn und seiner jungfräulichen Mutter vor- 
stellend, lassen ziemlich deutlich einen kölnischen Componisten 
und den Fleiss kölnischer Bildsticker erkennen; ein Messgewand 
jedoch von äusserster Vollendung in Composition und Ausfüh- 
rung scheint uns offenbar flandrischen Ursprungs zu sein und 
liegt die Vermuthung nahe, dass diese kostbaren und edeln 
Bildstickereien, ausgeführt „a or battu", in der im ganzen Mit- 
telalter berühmten Werkstätte für Goldstickereien, in Arras, an- 
gefertigt worden sind. Es ist unmöglich, auch hinsichtlich der 
Zeichnung etwas Vollendeteres in Figurstickerei anzutreffen, als 
sich in den Stäben des vorliegenden Messgewandes darbietet.  
Sämmtliche Scenen sind, wie überhaupt bei den sogenannten 
"arrazzo" vollständig über einen Goldfond von je zwei und zwei 
zusammengefügten Goldfäden so in feinster Haarseide gestickt, 
dass noch überall unter den Schattirungen der Gewänder der 
reiche Goldfond durchschimmert. Gleichwie wir auf den goldenen 
Stäben einer Chorkappe am Niederrheine, ebenfalls in Arras an- 
gefertigt, in grossen Rundmedaillons bildlich (largestellt fanden 
die sieben WVerke der leiblichen Barmherzigkeit, so hat der 
Kuuststicker von Arras auf den Stäben des in Rede stehenden 
Messgewandes von St. Columba in seinen lNladelmalereien sinnig 
zur Anschauung gebracht: die bekannte .,compassio B. M. V." 
Diese sieben Schmerzen der Mutter Christi finden ihren Mittel- 
punkt auf dem grossen Medaillon in der Vierung des Caselkreuzes, 
und hat hier die Nadelmalerei die „mater dolorosa" dargestellt, 
wie ihr Herz, unter dem Kreuze in den Armen des Lieblings- 
jüngers niedergesunken, von dem siebenfachen Schwerte des Schmer- 
zes durchbohrt wird. 
Im Vorhergehenden haben wir an einer Stelle darauf hinge- 
wiesen, wie vor dem Aufblühen des Städtelebens und dem Auf- 
kommen der Zunftgeiverke die Kunst des freien Handstickens für 
Hinsichtlich der Dctailbeschreibung dieser vier Prachtgeivänder verweisen 
wir auf die II. Lieferung unseres Werkes: "Das heilige Köln". wo das 
Ausführliche hierüber nebst. Abbildung mitgethoilt werden wird. 
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