Volltext: Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters oder Entstehung und Entwicklung der kirchlichen Ornate und Paramente in Rücksicht auf Stoff, Gewebe, Farbe, Zeichnung, Schnitt und rituelle Bedeutung nachgewiesen und durch zahlreiche Abbildungen erläutert (Bd. 1)

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nahet.  Gleichwie die Maler in den Malerbuden Italiens in Menge 
auf Bestellung jene kleinern Flügelbildchen für den Haus- und Pri- 
vatgebrauch anfertigten, wie sie auch zu demselben Zwecke, je- 
doch nicht in so grosser Zahl, in den Malerschulen Flanderns 
und des Niederrheins Entstehung fanden, so wurden auch solche 
Klapp- oder Flügelbildchen als kleinere Portativ-Altärchen von 
der Stickerei in Anfertigung genommen und nicht selten mit den 
kunstreichsten Nadelmalereien versehen. Der Glanz des Goldes und 
der Seide und die Vollendung und Feinheit des Plattstiches war 
meistens bei diesen Altärchen eine so ansprechende, dass diesel- 
ben zuweilen Flügelbildchen in kunstreicher Sculptur oder Ma- 
lereien vorgezogen wurden. Solcher prachtvoll mit der Nadel 
gemalten Bildwerke geschieht häufig Erwähnung in den alten 
Schatz-Inventaren, die uns Nachricht geben, welche Kostbarkeiten 
an goldenen und silbernen Gefassen, Gerathen und Gewändern, 
so wie an prachtvollen Bildwerken im Besitze der kunstsinni- 
gen Herzoge von Burgund im XV. Jahrhundert sich vorfan- 
den. Auch unter den Schätzen der Margaretha von Oesterreich 
befanden sich solcher in Gold und Seide gesticktem Nadelmale- 
reien in Form von Flügelbildern. Ebenfalls in dem Schatz- 
verzeichnisse KarPs V. werden eine lange Reihe solcher pracht- 
vollen Bildstickereien angeführt. So heisst es daselbst: „Item, 
ung ymage de Saincte Agnes de brodeure", etc. „Item, ung 
ymage de saint George de brodeure, en ung estuy couvert de 
satanin ynde a ung chappiteau a facon de maconnerie.  Item, 
ungs tableaux de brodeure, ou sont Nostre-Dame, saiuctc Kathe- 
rine et saint J ehan PEuVangeIiste, en ung estuy couvcrt de veluyau 
vermeil.  Item, le graut ymage de saint George de brodeure" 
etc.  Ein anderes Meisterwerk der höhern Stickkunst, das gegen 
1454 für König Karl VII. von Frankreich mit dem grössten 
Aufwande von Kunst und Pracht angefertigt wurde, ist jener 
reiche Mantel, 2) gestickt von Colin Jolye, einer der ausgezeich- 
netsten Kunststicker seiner Zeit, der auch für die Hauscapelle 
Karls des Kühnen jenen prachtvollen vollständigen Priesterornat 
anfertigte, der in der Domkirche zu Bern aufbewahrt wirdß) Zu 
Les Ducs de Bourgogne, II. partie, tome II. page 16, Nr. 2l-l1 u. 2142. 
Wir übergehen hier eine Besprechung dieses prachtvollen Mantels, da die 
Beschreibung desselben in dem „Bulletiu archäologique publiä par le 
comizö historique des arts er: monuments, tome III. page 86", und auch in 
den "Annales archäologiques de M. Didron, tome I. (Paris, 181i, in 40) page 
27, col. 2 et page 28, col. 1." ausführlicher Enthalten ist. 
Vgl. Album dc M. du Sommerm-d, 10. sxirio, pl. XVIII, XXIX, XXX e: 
XXXI.
	        
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