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Spanien und hatte damals mehr auf andere Zweige der Kunst
seine Aufmerksamkeit verwandt, so dass ihm das Meiste von
hervorragenden kirchlichen Stickereien, namentlich in spanischen
Frauenklüstern, unbekannt geblieben ist. Der Herausgeber des
untengedachten WVerkes 1), Hauptmann Loning, der längere
Jahre als höherer Militair, aber auch nicht weniger als kun-
diger Archäologe die verschiedenen Provinzen Spaniens auf-
merksam besuchte, hat uns jüngst über das häufige Vorkom-
men prachtvoller mittelalterlicher Stickereien in vielen spani-
schen Kirchen und Klöstern eine Menge sehr interessanter No-
tizen mitzutheilen die Gewogenheit gehabt. Diesem in Spanien
sehr kundigen Schriftsteller zufolge sollen sich namentlich in
der erzbischöflichen Kathedrale zu Toledo, so wie in den vie-
len andern Kirchen dieser altberühmten Königsstadt eine grosse
Zahl von kunstreichen und kostbaren Stickereien heute noch
befinden, die von der Höhe der kirchlichen Stickkunst in Spa-
nien nach der Vertreibung der ilIauren in den Tagen Alphons,
VI. bis auf die Glanzzeiten des grossen Cardinal-Ministers
Ximenes beredtes Zeugniss ablegen. Auch in der Francisca-
nerkirche zu Barcelona soll noch ein vollständiger Messornat
aufbewahrt werden, eine kunstreiche Arbeit, angefertigt und ge-
schenkt von einer "Königin von Cypern"; desgleichen besass
das ehemalige berühmte und reiche Carthäuserkloster Scala Dei
im südwestlichen Catalonien eine grossartige Sammlung von mittel-
alterlichen Gefassen und Gewändern mit kunstreichen und kost-
baren Stickereien, welche von den Vorstehern der besagten
Abtei mit Vorliebe gesammelt worden sein sollen. Das meiste
dieser merkwürdigen Stickereien ist wohl in den letzten Revo-
lutionen modernen Bilderstürmern in die Hand gefallen, so dass
heute von diesen Schätzen wohl Wenig mehr zu sehen sein
dürfte. Auch in Burgos, in dem Kloster der Basilianerinnen
Santa Maria de las Huelgas, würden noch kostbare Messgewän-
der vorgezeigt, die wohl zu dem Kunstreichsten und Schönsten
gehörten, was die kirchliche Stickkunst im Mittelalter in Spa-
nien hervorgebracht habe. Noch führen wir hinsichtlich der
spanischen Stickereien an, dass das alte Banner Spaniens, wel-
ches ehedem in Leon im Kloster des heil. Isidor aufbewahrt
wurde, auf's kunstreichste ornamentirt war mit einer grössern
L
Die
Ruinen
meines
Klosters,
aus
dem
Spanischen.
Münster,
1852.