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Aufbewahrungsorte entnehmen und bei den andern Schätzen und
Reliquien in der Schatzkammer ferner aufbewahren möge. Der
unschätzbaren Erlaubniss des Hochwürdigsten Metropolitan-Dom-
capitels zu Prag haben wir es zu verdanken, dass es uns ermög-
licht wurde, in dem geheimen Dom-Archive jenen Schatz-Inven-
taren aus der Zeit KarPs IV. naehzuforschen, Worin die sämmt-
liehen Ornate und Paramente, dessen sich der erzbischöfliche Stuhl
von St. Veit in den Tagen des eben genannten grossmüthigen
kaiserlichen Geschenkgebers bediente, verzeichnet stehen. lrVir
waren so glücklich, zwei noch sehr vollständige authentische und
umfangreiche Inventare vorzufinden und zwar das eine vom Jahre
1354, angefertigt unter dem Erzbischofe Arnest, und ein zweites
äusserst umfangreiches und detaillirtes vom Jahre 1387. Man
muss wirklich staunen, welchen grossartigen Reichthum an kost-
bar in Gold und Perlen gestickten Ornaten der Domschatz von St.
Veit damals besass, und glauben wir nach Copirung dieses letztern
Prager Inventars und im Vergleich mit vielen andern Schatzverzeich-
nissen, die sich ebenfalls in unsern Händen abschriftlich befinden,
fast annehmen zu können, dass im XIV. Jahrhundert kaum eine an-
dere Kirche im Occidente hätte gefunden werden können, die solche
ähnliche Schätze an kirchlichen Prachtstickereien in dieser Periode
aufzuweisen hatte. S0 scheint, diesem letztgedachten Verzeichnisse
zufolge, schon die Königin Elisabeth, Gemahlin des Königs Johann
von Böhmen und Mutter KarPs IV., die bischöfliche Kathedrale von
St. Veit mit kostbaren Stickereien bedacht zu haben. Unter den
vielen Omaten, die ihren Namen tragen, heben wir hier unter
der Rubrik: „de insignis pontificalibus" hervor: „Item, eine
andere Inful, mit silbernen und goldenen Ornamenten und Perlen
bestickt, welche die Königin Elisabeth schenkte. Dieselbe ist
mit edeln Steinen reich besetzt und mit bildlichen Darstellun-
gen auf beiden Seiten reich geschmückt." Desgleichen befand
sich auch unter den zahlreichen Capellen, welche das besagte
Sehatzverzeichniss in langer Reihe aufführt, unter dem Namen
„ornatus integer", eine vollständige Capelle mit kostbaren Sticke-
reien, die wahrscheinlich ein Geschenk der Kaiserin Elisabeth
(Prinzessin von Pommern-Stettin, der vierten Gemahlin KarPs
1V., vermählt 1363, gestorben 1393), _war. Es hat diese reich
gestiekte Capelle für unsern Zweck ein näheres Interesse, in-
dem dadurch nachgewiesen wird, dass man in der zweiten
Hälfte des XIV, Jahrhundertes noch liebte, jene symbolischen
Thiergestalten in liturgische Gewänder zu sticken, die häufiger
in der romanischen Kunstepoche, seltener aber in der entwickel-