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heit zu Longchainp. Desgleichen weiss man auch, dass Anne de
Bretagne an ihrem Hofe gleichsam ein Atelier eingerichtet hatte, Wo
Sie mit ihren vielen Edeldamen und Fräulein die kostbarsten
Kunststickereien für den Altardienst anzufertigen pflegte. Sind
wir gut; unterrichtet, so soll auch jene grossartige Stickerei, die
sich als unübertreffliehe N adelmalerei im Sehatze von Aachen noch
erhalten hat, von der kunstreichen Hand der Königin Maria von
Ungarn herrühren. Dieses prachtvolle, äusserst gut erhaltene
Kunstwerk, in Goldfäden und in vielfarbiger orientalischer Seide
in Plattstich gestickt, stellt dar die königliche Künstlerin, umge-
ben von ihren Angehörigen und einem fürstlichen Ilofgefolge,
wie dieselben knieen zu beiden Seiten der Hinimelskönigin, die als
Patronin den weiten Mantel um die Pflegebefohlenen ausgebreitet
halt. Auch in demselben Schatze zu Aachen zeigt man noch
kostbare Stickereien, die von der geschickten Hand Margarethais
von Burgund herrühren sollen. Auch noch das XV. Jahrhundert
Sah die prachtvollsten Kunststickereien in Palästen von königl.
Ilanden für Cultzwecke anfertigen. So vertreten die zahlreichen
kostbar gesticktem Ornate in der Kirche Notre Dame del Pilar
zu Saragoza und der Notre Dame d'Atoche zu Madrid eine gleich
grosse Zahl fürstlicher Namen aus der Reihe der Infantinnen des
Spanischen Hofes, deren Erholung und Lieblingsbeschäftigung es
Uewesen zu sein scheint, mit Perlen, Edelsteinen und reichen
äoldstickereien die kirchlichen Gewänder auffs kostbarste auszu-
Schmückefh Nicht weniger war es auch noch in jüngerer Zeit an
dem Hofe in Portugal frommer Brauch, dass die jedesmalige Kö-
nigin von Portugal eigenhändig einen kostbaren Mantel anfertigte,
der über die Reliquien des berühmten Landesheiligen, des heil.
Franciscus Xaverius, gebreitet zu werden pflegte. Auch an dem
Kaiserhofe Kai-Ys IV. zu Prag war, Ueberlieferungen zufolge, die
Königin Blanca, aus dem Hause Valois, mit ihren Edelfrauen für
Cultzwecke nicht unthätig,hwie dgsliietne räichegtPtärlsticliäereien be-
ie wir heute noc im c aze es ei s- onies zu
ilifällybfngeäyundert haben. Es sind dies nämlich Stickereien, wie
Sie ein der (jomposition, der Ausführung und dem .dazu ver-
wandten Materiale einer Königin Bühinens und französischen 'Kö-
nigstochtel. würdig sind. Leider sind die dazu gehörenden kost-
baren Gewänder, eine Dalmatik und eine Tunicelle, im Laufe
der Jahrhunderte verschwunden, aind haben sich nur vier reich
gestickte Ueberreste eines ehemaligen vollstaridigen Altar-Ornates
noch erhalten. WVahrscheinlich befanden sich diese vier Bruchstücke,
wovon Tafel XI. in halber Grösse eine naturgetreue Copie ver-