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die die Stickkunst damals bot, der Anfrage Genüge leisten konn-
ten, so fehlte es auch nicht in dieser opferwilligen und gebe-
freudigen Zeit an grossmüthigen Bestellgebern aus allen Standen,
die sowohl dem erhöheten Verbrauche durch Geschenke nach-
halfen, als auch den aufstrebenden Talenten, wo sie sich, entwe-
der in Klöstern oder Innungen, zeigten, Vorschub und Auf-
munterung liehen. Hierin ging der hohe Klerus, namentlich die
Bischöfe, mit lobenswerthem Beispiele voran. Eine Menge von
Angaben könnten wir hier beibringen von den grossartigen
Geschenken kirchlicher Gewänder, sämmtlich Meisterwerke der
Stiekkunst, die um diese Zeit einzelne Bischöfe, ihrer Metropo-
litankirehe zu machen pflegten. Wir verweisen hier vorüber-
gehend auf die reichen Schenkungen des Bischofs Conrad von Hal-
berstadt, auf die Schenkung prachtvoller kirchlicher Gewänder
Bonifai VIII. an den bischöflichen Stuhl seiner Vaterstadt Anagni,
den er vor seiner Erhebung auf den Stuhl Petri als Bischof inne
gehabt hatte; endlich auf die kostbaren Gaben des Bischofes
Philipp von Beauvais, Enkel König Ludwig-"s des Dicken. Nach-
dem die Kunstschätze an Gold und Silber angeführt worden sind,
die der Letztgenannte dem Dome von Beauvais als Geschenk übergab,
folgen die bischöflichen Gewänder, die er derselben Kirche
schenkte, und sind als solche angeführt: „die bessern Sandalen,
die bessere Mitra, alle meine seidenen Vorhänge, welche in der
Kirche aufgehängt zu werden pflegen, fünfzehn seidene Chor-
kappen, zehn Infuln, acht Dahnatiken." Diese vorhin genannte
„1nitra optima" hat sich heute noch in Beauvais erhalten und sind
auf den schmalen Stäben derselben (ligulae) in Menge in Gold
gestickt jene hcraldischen „ileurs de lys" zu ersehen, wie sie sich zur
Zeit König Ludwigs des Heiligen von Frankreich ornamental ausge-
bildet hatten. 1) Wir würden für den Umfang dieser Abhandlung
zu ausführlich werden, wenn wir nur andeutungsweise jene reichen
kirchlichen Stickereien namhaft machen wollten, die von fürstlichen
und gräflichen Personen, so wie auch von dem niedern Adel und
nicht weniger von Seiten wohlhabender Patricier im XIII. Jahr-
hundert grössern und klcinern Kirchen als Ehrengeschenke über-
wiesen wurden. Solche Aufträge, bei welchen von Seiten der
frommen Geschenkgeber nicht so ängstlich auf die Kosten ge-
sehen wurde, als auf die Schönheit und den Reichthum der Aus-
Eine gelungene Abbildung und Beschreibung derselben findet man im Juli-
und August-Hefte der „Annales Archöologiques" 1857, par V. Didron, S0
wie auch in den neuesten Heften der xlievue de Part chrätieu, par Pabbä
Corblet."