209
Durghbohfungell, die man am äussern Rande vielfach atngc-
bracht hatte, stellenweise, nach kurzen Zwischenräumen, auf
einer Grundlage von Seide oder Sammet befestigt, mit einem
Rande von Perlstickereien häufig umgeben, und die Zwischen-
räume neben diesen dünngetriebenen Medaillons mit andern viclfar-
bigen Stickereien ausgefüllt. Auch die llrliniaturmalerei auf Per-
gament musste zuweilen ihre Dienste anbieten, um den Glanz,
die manehfaltige Abwechselung solcher 1'eichen Nadclivirkereien
zu heben, Es wurden dann kleinere Medaillons von Perga-
ment, mit Brustbildern von Heiligen bemalt, auf eine Grund-
lage von Leinwand durch ein Bindemittel auigeleimt und stel-
lenweise zwischen gestickten Ornamenten eingelassen. Damit die
hlalerei keine Frietion erlitt und durch Anfassen Schaden nehmen
mochte, brauchte man die Vorsicht und überlegte solche Miniatur-
malereien zwischen Stickereien befindlich, mit einem (lünnen,
sehr durchsichtigen Ilornblättchen. Eine Nadelarbeit, deren Reich-
thum auf diese Weise durch Anwendung von getriebenen Gold-
und Silberbleehen gehoben wurde, die auch zuweilen die Form
von Blättern und vermittels kleiner Haken aufgeheftetc vielgestal-
tige hletallblumen aus dünnem Bleche annahmen, nannte man im
Laufe des Mittelalters Jahrhunderte hindurch das „0pus anglicanum"
(gouvmige dlAngleterre). In dem bei altern Schriftstellern häufig
vorkommenden Ausdruck „ars angliea" hätten wir zunächst also
reich gestickte Ornamente zu suchen, deren Glanz und Kostbarkeit
durch das Hinzutreten von getriebenen und emaillirten Arbeiten der
Goldschmiedekunst, so wie der Perlstickerei und der Malerei
verreichert und verziert wurden. Wir lassen es hier unentschie-
den, ob die Bezeichnungen „0pus anglieanum" und "opus cy-
prense" nicht zuweilen identisch von den altern Schriftstellern
überhaupt für reiche Goldstickereieix gesetzt worden sind, da
die Insel Cypern jener vielbesuchte, gewerbreiche Stapelplatz
war, namentlich in der Periode der Kreuzzüge und unmittelbar
darauf, woher man kostbare Seidenstoiie, desgleichen auch das
Material der Seide zum Sticken, namentlich aberGoldgespinnstc und
orientalische Goldfäden in Menge zu beziehen pflegte. 1) Diese
.,englisehe Manier" und ihre Anwendung zu reichen Bihlstickereieu
scheint das ganze Mittelalter hindurch sehr beliebt gewesen zu sein
und viele Käufer angezogen zu haben. So lesen wir noch in spä-
terer Zeit in einem Verzeichnisse der Schätze KarPs V. von Frank-
w
Vgl.
col.
die XXV. Dissertation Yon lNIuratori (Antiquit. Ital. med. aevi. tom. II.
401-41135) und Glossarmm Du Gange ad vocem opus anglicum.