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tabilischen Darstellungen auf's kunstreiehste auszustatten. Dass
diese alten Meister der Stiekkunst auch im XII. Jahrhundert,
namentlich aber in der zweiten Hälfte desselben, ihre christ-
lichen Rivalen, die ihnen seit Beginn der Kreuzzüge im Abend-
lande allenthalben erwachsen waren, noch immer in ihrer lange
geübten Kunst bedeutend überlegen waren, beweisen deutlich
jene prachtvollen Üeberbleibsel von sicilianisch-maurischen Sticke-
reien, wie sie als kostbare Verzierungen an dem altehrwürdigen
Pontifical-Ornate der altdeutschen Kaiser sich vorfinden, der,
Dank einer höhern Fügung, in vortrefflicher Erhaltung aus den poli-
tischen Stürmen zu Anfang dieses Jahrhunderts bis zur Stunde sich
gerettet hat und heute einer ehrenvollen Aufbewahrung unter den
Augen Sr. K. K. Majestät des Kaisers Franz Joseph in der
Kaiserburg zu Wien sich erfreut. 1) Diese äusserst kostbaren
Goldstickereien gehören unstreitig zu dem Ausgezeiehnetsten,
was im XII. Jahrhundert aus der königl. Gewand-Manufactur,
dem oft erwähnten „hötel de tiraz" zu Palermo, hervorgegan-
gen ist. Was den Werth dieser Stickereien für spätere archäo-
logische Forschungen noch bedeutend erhöht, ist der Umstand,
dass auf den meisten Stickereien sich klar und deutlich ange-
geben lindet in kufisehen oder altarabischen Monumental-Cha-
rakteren, desgleichen auch in gewöhnlicher Current- oder Nesehi-
Schrift die Angabe, wann und für wen diese Prachtgewänder
angefertigt worden sind. Indem wir uns an dieser Stelle der
in Anmerkung 1) angeführten Ursache wegen, kurz fassen,
deuten wir hier nur vorübergehend darauf hin, dass auf dem gross-
artigsten und reichsten der gvorfindliehen Pontifiealgewänder, dem
prachtvollenKrönungsxnantel der ehemaligen römischen Kaiser deut-
scher Nation, sich in cyprischem Gold durch arabische Stiekkünstler
zur Darstellung gebracht findet auf jeder Seite ein Löwe in
majegtätischer Haltung und arabeskenartiger Stylisirung, wie er
auf ein Kameel losstilrzt und dasselbe unter seinen gewaltigen
Tatzen erwürgt. Diese Darstellung ist auf jeder Hälfte des
Mantels in Gold gestickt, und sind sämmtliche Contouren dieser
grossartigen Figurationen von doppelten Perlrändern umgeben.
Da. wir, dem Inhaltsverzeichnisse gemäss, eine kurze Beschreibung, in soweit
der beschränkte Raum des vorliegenden Werkes es zulässt, der vorzüglichel-n
Kaisergewänder, unter Beigabe einiger farbigen Abbildungen, zu liefern be-
absichtigen, so verweisen wir in Folgendem, bloss um den Faden der ge-
geschichslichen Entwickelung der Stickkunst nicht aus dem Auge zu ver-
lieren, in Kürze auf die Höhe der compositorischen und technischen Aus-
führnng der ebengedachten maurischen Kunstsnickereien.