Volltext: Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters oder Entstehung und Entwicklung der kirchlichen Ornate und Paramente in Rücksicht auf Stoff, Gewebe, Farbe, Zeichnung, Schnitt und rituelle Bedeutung nachgewiesen und durch zahlreiche Abbildungen erläutert (Bd. 1)

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Theil von diesen Schätzen mit erhielten, geht aus den Sterbe- 
registern verschiedener Kirchen des Occidentes damaliger Zeiten 
deutlich hervor. Es ist einleuchtend, dass durch dieses massen- 
weise Einströmen von kostbar gestickten und gewebten Stoffen, 
die die orientalische lang geübte Kleinkunst hervorgebracht 
hatte, der Stickkunst des Abendlandes ein erhöheter, nachhal- 
tiger Aufschwung gegeben wurde. Man erhielt nicht nur eine 
Menge der zierlichsten und kostbarsten Musterbilder, wie sie 
die reichbegabte orientalische Phantasie hervorzubringen wusste, 
sondern man lernte auch dadurch die vielfach ungekannte, eigen- 
thümliche Art und Weise des Stickens kennen, wie sie der 
Orient, als die ihm eigenthümliche Technik, lange Zeit hindurch 
geübt hatte. Am meisten aber trug zur weitern Verbreitung 
der Stickkunst und ihrer Anwendung zu Cultzwecken der Um- 
stand mit bei, dass das Abendland durch die reichen Erzeug- 
nisse des aufgeschlossenen Morgenlandes nach und nach an einen 
grössern Pomp und Luxus, sowohl im Privat- als öffentlichen 
Leben sich gewöhnte, und dass die jugendlich aufstrebenden 
Völker des christlichen Abendlandes, von religiösem Eifer ge- 
hoben, fortan bestrebt waren, in jenen herrlichen Prachtbauten, 
die das XII. und XIII. Jahrhundert allenthalben entstehen sah, 
die Feier der h. Geheimnisse in aller Würde und mit dem 
grössten Glanze, was Ausstattung der liturgischen Gewänder und 
Ornate betrifft, sich entfalten zu sehen. Dass in Bezug auf 
Anschaffung von reich ausgestatteten kirchlichen Gewändern und 
Ornaten im XII. und XIII. Jahrhundert ein solcher bedeu- 
tender Aufschwung erfolgt war, wie dies eben angedeutet 
wurde, das bezeugen deutlich die Schatzverzeichnisse der Ka- 
thedralen des Abendlandes, angefertigt im XII. und XIII. Jahr- 
hundert, im Vergleiche mit jenen dürftigen und kurzen Schatz- 
verzeichnissen, die das X. und XI. Jahrhundert entstehen sah. 1) 
So liegen uns Inventare aus dem X. imd XI. Jahrhundert vor, 
der Abteien Kremsmünster, Martinsberg in Ungarn, der Kirche 
von St. Peter in Olmütz, der Hochstifter von Bamberg, St. 
Seit längern Jahren haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, auf grössern 
Reisen allenthalben die Abschriften von ältern Inventarien des Mittelalters 
vornehmen zu lassen, und ist diese interessante Sammlung jetzt schon biS 
auf 42 Iuventare angewachsen, wodurch die Schätze der bischöflichen Kir- 
chen des Mittelalters an liturgischen Gewändern und Gefässen ausführlicher 
sich nachweisen lassen. Sollten Leser dieser Blätter vielleicht in der Lage 
sein, diese Sammlung durch Angabe von ähnlichen, uns noch unbekannten, 
voriindlichen Verzeichnissen vermehren zu können, so würden wir dringend 
um eine desfallsige schriftliche Mittheilung ergebenst bitten.
	        
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