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gestickten Ornamenten zu verreichern. 1) Um die Mitra als
hervorragende Kopfzier des Pontifex möglichst kunstreieh aus-
zustatten, nahm die Stickkunst in dieser Epoche, namentlich zur
Anwendung von Perlen und eingefassten Edelsteinen, als: Rubi-
nen, Smaragden, Saphiren und Amethisten ihre Zuflucht, die sie
oft in zu grosser Häufung auf der kleinen Fläche der Inful an-
wandte. Daher findet man auch in altern Schatzverzeichnissen
oft die Angabe : „item mitra pretiosissima gemmis et perlis ornata",
oder: „mitra festalis gemmata". Auch sogar die Miniaturmalerei
zog man zuweilen herbei, um den Reichthum der gestiekten
"ligulac" an bischöflichen Mitren in der Weise zu vermehren,
dass man kleinere Miniatur-Medaillons auf Pergament auf's zar-
teste ausmalte, dieselben, von Stickereien umgeben, auf den schma-
len Streifen der lNIitra aufnähete und mit kleinen Perlrändern
einfassteß) Besonders boten Stolen und Manipel, deren sich die
Bischöfe bei den Pontifiealhandlungen bedienten, sehr geeignete
Räume dar, die die Kunst des Stickers in verschiedenartiger
abwechselnder Technik zierlich auszustatten sich nicht nehmen
liess. Ausser einigen besonders reichen Stolen und Manipeln in
der oft erwähnten Schatzkammer zu Halberstadt verdienen hier
noch eine besondere Erwähnung die reich gestickten Stolen, zu
dem Messgewande gehörend, was der heil. Thomas Becket von
Canterbury während seines Aufenthalts zu Sens nachweislich bei
der Feier der h. Messe in Gebrauch hatte. Das merkwürdigste
Exemplar einer reich gestickten Stola und einer Manipel aus
dieser Zeit, eine offenbar griechischeKunststickerei, unseres Dafür-
haltens dem Schluss des XI. Jahrhunderts angehörend, bewahrt man
heute noch im Sehatze des Münsters zu Aachen. Dieselbe zeigt
Halbtiguren, in Plattstich ausgeführt, vorstellend die Bilder ver-
schiedener Heiligen, deren Namen in griechischer lilajilskelschrift
In Gold eingestickt sind. Auch war es bereits im XI., mehr
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Solche ältere Mitren mit einem grossen Aufwand von Stickereien besitzt
heute noch der Dom von Halberstadt, die Benedictiner-Abtei St. Peter zu
Salzburg und sind bei diesen reichern Infuleu sowohl die Stäbe als auch
die "rornua." mit vielen zierlich getriebenen Goldblechen kunstvoll ausgestattet.
S0 fanden wir in dem Scherze der altehrwürdigen Kathedralkirche zu Anagni,
zwischen Rom und Neapel, dem Geburtsorte und dem frühem Bischofssitze
des grossen Innocenz III. mehrere sehr merkwürdige bischöliicho Infulcn,
die wohl zu Innocenz' Zeiten in Gebrauch gewesen sein mögen. Die ältesten
derselben, griechische Nadelarbeiten in Gold gestickt, schienen uns aus dem
XII. Jahrhundert herzustammen. Vgl. das Nähere über diese merkwürdigen
Stickereien zu Anagni in dem Berichte des M. Barbier de Montault in
Didron Annales Archeologiques, Juillet et Aoüt 1857.