Volltext: Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters oder Entstehung und Entwicklung der kirchlichen Ornate und Paramente in Rücksicht auf Stoff, Gewebe, Farbe, Zeichnung, Schnitt und rituelle Bedeutung nachgewiesen und durch zahlreiche Abbildungen erläutert (Bd. 1)

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licher erwähnten, eine unter sarazenischer Leitung wohl orga- 
nisirte und disciplinirte Kunstschule zu suchen, in welcher für 
das gesammte Abendland nicht allein die kostbaren Stoffe an- 
gefertigt wurden, sondern WO auch diese Stoffe selbst zu re- 
ligiösen und profanen Zwecken für den Handel verarbeitet und 
mit prachtvollen Stickereien aufis reichste verziert wurden. 1) 
Wir befinden uns in der Lage, den Beweis für das zuletzt Ge- 
sagte durch mehrere alte Originalstiekereien, die in unserer 
Sammlung aufgehoben sind, führen zu können. Wir verwei- 
sen deshalb auf die bcifolgende Zeichnung, die auf Tafel V. 
naturgetreu eine sarazenische Stickerei zur Anschauung bringt, 
wie sie gegen Schluss des XI. Jahrhunderts offenbar durch 
muselmännischen Kunstfieiss ihre Entstehung gefunden haben 
dürfte. Was uns zu der Annahme nöthigt, dass die auf der 
Tafel V. bildlich veranschaulichte Originalstickerei ein saraze- 
nisches Kunstgebilde sei, vielleicht selbst hervorgegangen aus 
dem Jlötel (18 tiraz", das uns unter andern Schriftstellern 
auch der bekannte Bischof Otto von Freisingen mit frischen Far- 
ben beschreibt, ist in dem Ümstande begründet, dass nicht nur 
die Composition und viele Detail-Ornamente die auffallendste Aehn- 
lichkeit mit den reichen Stickereien haben, Welche sich auf 
einzelnen Kaisergewändern befinden, die der Inschrift gemass von 
maurischen Künstlern in Palermo angefertigt worden sind, son- 
dern dass auch die bei dieser Stickerei eingehaltene Technik 
auf eine auffallende Weise identisch ist mit der Technik jener 
reichen Stickereien, die den oben erwähnten Pontifiealgewändern 
der deutschen Kaiser zu so grosser Auszeichnung gereißllen. 
Ein Blick auf bcifolgende Tafel V. zeigt das Bild einer soge- 
nannten Arabeske, mit welchem Namen man im Mittelalter schon 
kunst- und sinnreiche Ornamentationen bezeichnete, die sich als 
eine geniale Verbindung der Thier- und Pflanzenwelt zu er- 
kennen gaben. Als durchgehendes Hauptmotiv treten in dersel- 
ben zwei geflügelte Drachen auf, deren schlangenförrnige Körper 
zwei ovale Kreise bilden. Die Ausmündungen dieser phantasti- 
schen Thierbildungen formiren zwei Schlangenköpfe, die, wie es 
scheinen will, von einer sitzenden männlichen Figur gehalten 
und gebändigt werden. Das mittlere ovale Compartiment, das 
durch die schlangenfürmige Windung der beiden geflügelten 
Unholde entsteht, ist ausgefüllt durch eine, wie es den An- 
schein hat, menschliche Figur von höchst merkwürdiger Form- 
regui 
Siciliae 
stud. 
Carusii. 
tOm. 
pag. 
407.
	        
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