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über ein grosses Ländergebiet kenntlich machen und dadurch
seine Würde in den Augen des Beschauers heben wollte! ) Dass
die vielen von geometrischen Figuren eingefassten Darstellungen
Wirklich den Thierkreis nach mittelalterlicher Anschauungsweise
darstellen, erhellt aus der über dem untern breiten Saume ge-
stickten Inschrift in romanischen Majuskeln , welche lautet:
„tocius orbis terrarum descriptio". Dieser erklärenden Inschrift
gegenüber erblickt man als Fortsetzung in derselben Linie, gleich-
sam als Zusatz, die in Gold gesticktem YVortez "Fax Ismaeli, qui
hoc ordinavit". Haben wir in diesem orientalisch klingenden
Namen den maurischen Künstler zu erkennen, der, wie die In-
schrift besagt, die Composition angegeben und die kunstreiche
Stickerei des Ganzen geleitet hat, oder ist in diesem Ismael, wie
ältere Schriftsteller und mit ihnen die Bollandisten Wollen, ein
apulischer Fürst zu suchen, der auch im Dom zu Bamberg seine
Ruhestätte gefunden hat? Das ist schwer zu entscheiden. YVir
Würden uns unbedingt für die erste Annahme erklären und würde
dadurch doch nicht die Tradition entkräftet werden, dass Heinrich II.
einen apulischen Fürsten zum Verwandten gehabt habe, Melli mit Na-
men,der ihm diesen Prachtmantel habe anfertigen lassen. Der Name
Ismael kam bei den ÄIauren in Sicilien gewiss eben so häufig
vor, wie die Namen Aroun (Aaron) und Yahya (Johann), die
sich oftmals bei den Vorstehern des „hötel de tiraz" in Palermo,
bekanntlich eine Abtheiluilg des königlichen Palastes, wo für den
normannischen Hof die reichsten Stickereien und WVcbereien ange-
fertigt wurden, vorfanden. Unserer Ansicht nach ist dieser pracht-
volle Kaisermantel unter maurischem Einflüsse und durch mauri-
schen Kunstfieiss Wahrscheinlich in Sicilicn angefertigt worden,
wie das auch aus den gemischten bildlichen Darstellungen, t.heils
dem Christenthume, theils dem Jehovadienste und dem Mohame-
danismus entlehnt, zu entnehmen ist. S0 sind alle diese, meistens
dem Thierkreis angehörenden Figurationen in geometrischen, den
Arabern vorzugsweise eigenthümlichen Einfassungen eingeschlos-
S0 besass die reiche Abtei Saint-Dcnis bei Paris auch ein solches
königliches Gewand mit der in Gold gesticktem Darstellung des Erd-
kreises; auch die Königin Adelheid schenkte derselben Kirche ein Gewand,
mit dem „orbis terrarum" kunstvoll bestickt. Desgleichen liest man in dem
Inventar der englischen Abtei Croyland, dass im Schatze daselbst aufbe-
wahrt wurde eine kostbare nceppeß, die ihrer Stickereien wegen benennt wurde!
"Ibi et Ubi". Vielleicht war auch darauf gestickt das Weltall und der
Heiland, umgeben von seinen Heiligen, wie er am letzten Tage in Seiner
Herrlichkeit erscheint.