166
Schrift entnommen, Wodurch jede der vielen bildlichen Darstel-
lungen kenntlich gemacht wird. Den innern Rand, gebildet
durch diese Spruchstreifen, umgibt eine zweite grössere Rand-
einfassung, in welcher nett stylisirte romanische Laubornamente
sich überall fortsetzend verästeln. Die Darstellungen in diesen
sämmtlichen Rundmedaillons sind entnommen aus dem Leben
und Leiden des Heilandes, und stellen in höchst sinnreicher
Composition das ganze Erlösungsxlverk bildlich dar. Der Knoten-
und Ausgangspunkt sämmtlicher bildlichen Darstellungen ist in
dem grössern, von vielen Kreisen eingefassten Medaillen zu su-
chen, das sich auf dem hintern Theile des ehemaligen Kaiser-
gewandes befindet. In einem ovalen lVIedaillon erblickt man
nämlich in Gold gestickt den Erlöser, wie er, den Strahlen der
aufgehenden Sonne folgend, nach Westen zur Nacht hin, sich wendet
und, der Sendung des Vaters gehorchend, zur Erlösung des Men-
schengeschlechts herniedersteigt. Diese „missio iilii" wird auch
ausser Zweifel gestellt durch die in Gold gestickte Inschrift
in frühromanischen Majuskeln, die da lautet: „egredietur Dominus
de loco sancto suo, veniet ut salv." An dieses ovale Medaillen,
den „egressus Domini" umgehend, lehnen sich nach allen Seiten an
acht kleinere Kreise, Halbfiguren enthaltend, welche die Väter des al-
ten Bundes vorstellen. (Vgl. Taf. IV.) In diesen einfassenden Kreisen
liest man die bekannten acht Sprüche, sämmtlich mit dem Ausrufe
"Ü" beginnend, welche die Sehnsucht zu erkennen geben, mit wel-
cher die hülfsbedürftige Welt derErlüsung entgegenharrte. Die acht
kleinern Kreise, umfassend das mittlere ovale Hauptcompartiment,
sind ihrerseits wieder umgeben von vier grossen Halbkreisen, die
sich als ein Medaillen zusammenfügen. In den offenen Räumen
dieser vier Kreissegmente erblickt man kunstreich in cyprischem
Golde gestickte Figuren von kleinen Engeln, die ihr Frohlocken
über den Beginn des Erlösungswerkes zu erkennen gehen in
Sprüchen aus der h. Schrift, die sich in der halbkreisförmigen
Umrandung befinden. Aus der vorhergehenden kurzgedrang-
ten Beschreibung eines Theiles des merkwürdigen Kaiserpalliums
zu Bamberg dürfte es Wahrscheinlich erscheinen, dass die „phry-
giones", Anfertiger des in Rede stehenden Gewandes, entweder
in der Kunst des Stickens äusserst erfahrene Klosterbrüder
gewesen sein mögen, die in friedlichen Hallen ungestört ei-
11er edeln Kunstthätigkeit oblagen und selbst nicht nur als
L
Dieselben lauten wörtlich: „Canite tuba in Sion", „Levate
„Ecce Rex venit, Dominus", ,Veni Domino, visitare nos".
capita. vestra",