Volltext: Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters oder Entstehung und Entwicklung der kirchlichen Ornate und Paramente in Rücksicht auf Stoff, Gewebe, Farbe, Zeichnung, Schnitt und rituelle Bedeutung nachgewiesen und durch zahlreiche Abbildungen erläutert (Bd. 1)

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Schrift entnommen, Wodurch jede der vielen bildlichen Darstel- 
lungen kenntlich gemacht wird. Den innern Rand, gebildet 
durch diese Spruchstreifen, umgibt eine zweite grössere Rand- 
einfassung, in welcher nett stylisirte romanische Laubornamente 
sich überall fortsetzend verästeln. Die Darstellungen in diesen 
sämmtlichen Rundmedaillons sind entnommen aus dem Leben 
und Leiden des Heilandes, und stellen in höchst sinnreicher 
Composition das ganze Erlösungsxlverk bildlich dar. Der Knoten- 
und Ausgangspunkt sämmtlicher bildlichen Darstellungen ist in 
dem grössern, von vielen Kreisen eingefassten Medaillen zu su- 
chen, das sich auf dem hintern Theile des ehemaligen Kaiser- 
gewandes befindet. In einem ovalen lVIedaillon erblickt man 
nämlich in Gold gestickt den Erlöser, wie er, den Strahlen der 
aufgehenden Sonne folgend, nach Westen zur Nacht hin, sich wendet 
und, der Sendung des Vaters gehorchend, zur Erlösung des Men- 
schengeschlechts herniedersteigt. Diese „missio iilii" wird auch 
ausser Zweifel gestellt durch die in Gold gestickte Inschrift 
in frühromanischen Majuskeln, die da lautet: „egredietur Dominus 
de loco sancto suo, veniet ut salv." An dieses ovale Medaillen, 
den „egressus Domini" umgehend, lehnen sich nach allen Seiten an 
acht kleinere Kreise, Halbfiguren enthaltend, welche die Väter des al- 
ten Bundes vorstellen. (Vgl. Taf. IV.) In diesen einfassenden Kreisen 
liest man die bekannten acht Sprüche, sämmtlich mit dem Ausrufe 
"Ü" beginnend, welche die Sehnsucht zu erkennen geben, mit wel- 
cher die hülfsbedürftige Welt derErlüsung entgegenharrte. Die acht 
kleinern Kreise, umfassend das mittlere ovale Hauptcompartiment, 
sind ihrerseits wieder umgeben von vier grossen Halbkreisen, die 
sich als ein Medaillen zusammenfügen. In den offenen Räumen 
dieser vier Kreissegmente erblickt man kunstreich in cyprischem 
Golde gestickte Figuren von kleinen Engeln, die ihr Frohlocken 
über den Beginn des Erlösungswerkes zu erkennen gehen in 
Sprüchen aus der h. Schrift, die sich in der halbkreisförmigen 
Umrandung befinden.  Aus der vorhergehenden kurzgedrang- 
ten Beschreibung eines Theiles des merkwürdigen Kaiserpalliums 
zu Bamberg dürfte es Wahrscheinlich erscheinen, dass die „phry- 
giones", Anfertiger des in Rede stehenden Gewandes, entweder 
in der Kunst des Stickens äusserst erfahrene Klosterbrüder 
gewesen sein mögen, die in friedlichen Hallen ungestört ei- 
11er edeln Kunstthätigkeit oblagen und selbst nicht nur als 
L 
Dieselben lauten wörtlich: „Canite tuba in Sion", „Levate 
„Ecce Rex venit, Dominus", ,Veni Domino, visitare nos". 
capita. vestra",
	        
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