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in Palermo und Syracus noch Reste der frühmaurischen Fabrika-
tion und Stickkunst auf Siciliens Boden aus der gedachten Epoche
ausfindig zu machen. Jedoch alle unsere Nachsuchungen führ-
ten nur zur Auffindung reicher maurischer Stickereien aus der
Glanzperiode der Hohenstanffen. Die letzte Hoffnung, den Typus
der Stickkunst aus den Zeiten des griechischen Exarchates vor
dem X. Jahrhundert kennen zu lernen, hatten wir gesetzt auf
einen Besuch in der altehrwürdigen Abtei Monte Casino, der Stif-
tung des heil. Benedict. Obgleich der päpstliche Biograph Ana-
stasius an vielen Stellen von den Prachtstickereien" spricht, die
mehrere Päpste und byzantinische Kaiser der genannten Stiftung
des heil. Benedict zuerkannt hatten, so fanden wir ungeachtet der
entgegenkommenden Freundlichkeit und unterstützenden Bcihülfe
von Seiten des gelehrten Benedictiners Dom Abbate Tosti nicht
die geringste Spur von Stickereien, die uns über die technische
Beschaffenheit der Stickereien vor dem X. Jahrhundert einigen Auf-
schluss hätte geben können. Unsere eigene Sammlung mittel-
alterlicher Webereien und Stickereien, die heute, dem Katalog
zufolge, bereits über 1400 Üeberbleibsel zählt, möchte wohl mehrere
Stickereien aufzuweisen haben, denen man einem gewissen un-
zuverlässigen Stylgefilhle zufolge eine Entstehungszeit in spät-
karolingischer Kunstepoche vindiciren könnte. Dahin gehört na-
mentlich eine sehr merkwürdige Stickerei, wie wir sie an einem
obscuren Orte in dem alten berühmten Sitze für derartige Stik-
kereien, in Palermo, käuflich zu erwerben das Glück hatten.
Es ist das nämlich ein Theil einer "parura", oder aber wie sie
etwa als „aurifrisia, periclisis" einer Tunieelle, Dalmatik zum aus-
zeichnenden Schmucke gereichte; vielleicht diente sie auch früher
als kunstreiches Ornament, um den untern Saum einer Albe ein-
zufassen. Die beifolgende Zeichnung auf Tafel 11., die ziem-
lieh getreu im Geiste der alten Originalstickerei wiedergegeben
ist, zeigt uns den Heiland als Weltenrichter sitzend auf dem
Throne Seiner Herrlichkeit, umgeben von den symbolischen geflü-
gelten Darstellungen der Evangelisten, der „facies hominis" 1) und
der „facies vituli". Zur Rechten dieser „majestas Domini" erblickt
man in aufrechter Stellung die drei Apostel, die durch zur Seite
befindliche Inschriften kenntlich gemacht sind, nämlich Philippus,
Simon, Petrus. Diese Apostelbilder befinden sich unter einer
dreifachen Arkadenstellung, deren Bogen auf blattförmig gebil-
ganz,
Die andere Hälfte fehlt
die Zeichnung angibt.
und ist
VOR
der
Stickerei nur
erhalten,
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