Volltext: Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters oder Entstehung und Entwicklung der kirchlichen Ornate und Paramente in Rücksicht auf Stoff, Gewebe, Farbe, Zeichnung, Schnitt und rituelle Bedeutung nachgewiesen und durch zahlreiche Abbildungen erläutert (Bd. 1)

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U li Grieu erent, ki bouterent les fus 
En 1a cite, dont il erent confusf") 
Demjenigen, der noch weiter in Erfahrung bringen möchte, 
welcher technischen und ästhetischen Vollendung die Stickereien 
edeler englischer Frauen und Jungfrauen sogar vor dem X. Jahr- 
hundert sich rühmen konnten, der vergleiche das Nähere hier- 
über in dem öfters angeführten trefflichen Werke des Francisque- 
Michel, dem wir als schätzbaren Strebensgcnossen vielfach gefolgt 
sind. Nach dem rühmlichen Vorgange englischer Königinnen, 
Fürstinnen und adeliger Frauen und Jungfrauen, die zum Dienste 
der Kirche die kunstreichsten Nadelarbeiten bereits im frühesten 
Mittelalter anzufertigen pflegten, lohnte es sich auch der Mühe, 
naohzuforschen, ob dem anregenden Beispiele der englischen 
Kunststickerinnen auch nicht edele Frauen des übrigen christlichen 
Abendlandes in Anfertigung künstlicher Nadelarbeiten zur Hebung 
der würdevollen Feier der h. Geheimnisse gefolgt sind? Sehen wir 
uns deswegen im Lande der nach Gallien ausgewanderten Franken 
um, so tritt uns zur Zeit Hugo Capeüs seine Frau, die Königin 
Adelheide, als kunstgeübte Stickerin entgegen. Diese Fürstin 
schenkte nämlich der berühmten Kirche des heil. Martin von 
Tours ein prachtvoll "gesticktes Messgewand, auf Welchem sie 
kunstvoll auf der Rückseite durch Nadelwirkereien dargestellt hatte 
in Goldfäden: Gott den Vater, umgeben von Seraphinen, vor 
ihm beugten sich Cherubinen. Auf der vordern Seite hatte die 
Kunstfertigkeit der königlichen Stickerin zur Anschauung ge- 
bracht: die zweite Person in der Gottheit, in Gestalt des Lam- 
mes, umgeben auf den vier Seiten von den vier lebendigen We- 
sen, den Symbolen der Evangelisten. 2) Adelheid verehrte auch 
der Abtei-Kirche St. Denis eine kostbare Casel, die von bewun- 
derungswürdiger Arbeit gewesen sein soll. Auch schenkte die- 
selbe fromme Königin, die Mutter des Königs Robert, der sich 
nicht weniger freigebig gegen die Kirche bewies, ein anderes 
Altars-Ornament derselben Abtei-Kirche, wo nach mittelalterlicher 
Anschauungsweise nach dem Spruche des Psalmes: „omnis spi- 
ritus landet Dorninum" durch Nadelwirkereien kunstvoll der „orbis 
pictus terrarum" 3) bildlich veranschaulicht worden war. Desgleichen 
 
Roman d'Ans6is de Carthage, Ms. de 1a Bibl. nat. Nr. 7191. fol. 11 recto- 
col. 2. v. 6. 
Helgnldi Floriac. man. Vita Roberti regis, cap. XIV. (Rec. des hist- dßS 
Gaules etc. , tom. X. pag. 104. D.) 
Solche kostbare Festtags-Ornate, worin der Erdkreis iigürlich in Gold ein. 
Beßvißkl war, finden sich um diese Zeit häuüger vor. So ist auch de!" heute
	        
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