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war ganz aus kostbarem tyrischem Purpur angefertigt. Dieses
Triumphgewand, das in späterer Zeit auch die Kaiser und vor-
nehmern Römer bei feierlichen Veranlassungen trugen, hiess des-
wegen "picta", weil es mit der Nadel (acu) durch eingestiekte
variirende Ornamente kunstreieh ausgestattet war; "palmata" aber
wurde es genannt, weil es Ornamente, den Palmenpflanzen ähn-
lich, in kunstreicher Stickerei wiedergegeben, erkennen liess.
Um bei Beschreibung der „0pera phrygiea", wie sie im heid-
nischen Zeitalter zur reichern Ausstattung der Gewänder ange-
wandt wurden, nicht zu lange zu verweilen, verweisen wir diejeni-
gen, die ein näheres Interesse daran finden, die Art und Weise
der Stickereien der klassischen Zeit näher kennen zu lernen, auf
die unten angegebenen gelehrten Werke 2) und beschränken uns
für unsern Zweck zunächst darauf, die Leser der vorliegenden
Notizen zur Geschichte der Stickerei in vorchristlicher Zeit auf
die beifolgende Darstellung der Tafel I. hinzuweisen, wo in ge-'
treuer Copie Darstellungen von römischen Magistratspersonen,
-angethan mit reich gestiekten Gewändern (toga picta et palmata)
zu ersehen sind. Diese sehr interessante Darstellung ist einem
höchst merkwürdigen Consular-Diptyehon in Elfenbein stylge-
treu entlehnt, herstammend aus der römischen Kaiserzeit, wie
sich dies noch im reichgefüllten Domschatze zu Halberstadt er-
halten hat. Die mittlere Hauptdarstellung zeigt den römischen
Triumphator, bekleidet mit der reich verzierten „toga triumpha-
lis". Glücklicherweise hat es der Künstler nicht unterlassen, mit
ängstlicher Genauigkeit in Elfenbein alle jene zierlichen, von
Kreisen und Vierecken eingefassten figuralen Darstellungen und
Piianzenornamente bildlich wiederzugeben, und zwar dürfen diese
Ornamente nicht als Kinder der Phantasie des Bildschnitzers,
sondern, bei der Pünktlichkeit und Gewissenhaftigkeit der alten
Künstler in getreuer Imitation solcher untergeordneten Kleinig-
keiten, als ängstlich wiedergegebene eingestickte Muster betrachtet
Die Ansicht des Servius bei Erklärung des XI. Buches der Aeneide dürfte
beanstandet werden, wo er glaubt: „die tunica. werde deswegen palmaza. ge-
nannt, weil diejenigen damit geschmückt wurden, die als Sieger aus den
Feldzügen mit der Palme in der Hand zurüekkehrten." Dem Manutius ist
eher beizupiiiebten, der wie oben angegeben sagt: „die toga sei palmnta.
genannt worden nach den eingestickten pnlmartigen Verzierungen, womit
sie auf's kunstreiehste versehen war."
Essai sur les habillements et usages de plusieurs peuples de Pantiquitö.
Par And. Lens in Liege 1776. Oet. Ferrarius, de Re VestiaiaLibritreS-
Patavii 1652. Reeherehes sur le eommeree, 1a. fabrication et l'usage
des eunm de soie, d'or et dfargcnt. Pur Francisque-Michel. Paris 1854.