Volltext: Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters oder Entstehung und Entwicklung der kirchlichen Ornate und Paramente in Rücksicht auf Stoff, Gewebe, Farbe, Zeichnung, Schnitt und rituelle Bedeutung nachgewiesen und durch zahlreiche Abbildungen erläutert (Bd. 1)

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bezeichnet ungefähr um dieselbe Zeit 1) das Auftreten des soge- 
nannten Meisters Wilhelm und seiner Schule das Stadium, in 
welchem die Malerei am Rheine auf dem Boden der Kirche ihre 
grossartigsten und gelungensten Erfolge erzielte. Die oben bespro- 
chene "majesta" in der kaiserlichen Sammlung des Louvre gilt als die 
bedeutendste Arbeit des "englischen" Malers Fiesole; nicht weniger 
wird das berühmte Dombild, darstellend dieAnbetung der heiligen drei 
Könige, als eine der vorzüglichsten Leistungen des Meisters Wilhelm 
von Cüln allgemein anerkannt. Auch an diesem ausgezeichneten Flü- 
gelbilde ist die direete Einwirkung der in der ersten Hälfte des 
XV. Jahrhunderts für kirchliche und Profanzwecke gebräuchlichen 
Gewebe an den reichen Gewändern verschiedener Heiligeniiguren 
in einer Weise so deutlich ausgesprochen, dass 1nan nach diesen 
gemalten Webereien und deren Mustern heute kühn ähnliche Stoffe 
anfertigen könnte , die mit den noch vorhandenen Originalstoffen 
jener Zeit hinsichtlich der Zeichnungen vollkommen identisch be- 
funden werden dürften. So zeigt das Untergewand der h. Ursula 
eindunkelblaues Gewebe, das man in der Art seiner Darstellung 
sofort als schweren Damast erkennt, in welchem, streifenförmig ge- 
ordnet, kleine Vögel in Gestalt von Tauben, in Gold brochirt vor- 
kommen. Dieses interessante Dessin hat viele Aehnlichkeit mit 
einem andern verwandten Muster, das auf dem Teppich dargestellt 
ist, der von zwei Engelsgestalten gehalten, hinter dem Throne der 
allerseligsten Jungfrau sich ausbreitet. 2) 
Beide Muster, so wie auch jenes schöne Dessin, ein nachge- 
ahmter drap d'or, der sich als Teppich auf den äussern Flügeln 
hinter der Verkündigung beündet, sind kostbaren Seidengeweben 
entlehnt, wie sie meist aus italiänischen Manufacturen stammend, 
in der letzten Hälfte des XIV. Jahrhunderts gang und gäbe waren. 
Ferner liefert das reiche Gewand des Königs , der als Greis 
zur Rechten des Thrones das göttliche Kind anbetet, die getreue 
Copie eines prachtvollen genucser Rothsalnmets, wie wir ihn mit 
i) Fra Angelico da. Fiesole starb , nachdem er die Würde eines Erzbischofes 
von Florenz ausgeschlagen hatte, als einfacher Dominicaner im Jahre 1455, 
im Alter von 68 Jahren; Meister Wilhelm, dem mehrere hervorragende elt- 
eölnische Malereien zugeschrieben werden, lebte und wirkte fast um dieselbe 
Zeit in Cöln, dem "deutschen Rom". 
7) Verwandte Analogien mit diesem, mit grösster Genauigkeit dargestellten Ge- 
webe befinden Sich in vielen Abweehselungen in unserer Sammlung; wir wer- 
den es nicht unterlassen, in der Folge mehrere dieser auf bedeutendem mit- 
telalterlichen Tafelrnalereien vorfindlichen Darstellungen älterer Gewebe chro- 
molithographisch als Beilagen zu veröffentlichen.
	        
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