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oft in Blüthe prangend, zuweilen auch mit einigen F ruchteapseln und
mit kräftig stylisirtem gothisehenvBlätterWerk umgeben. Diese so-
genannten pommes dlamour, die sieh in gleichen Zwisehenräutnen
wiederholen , sind regelmässig umgeben von einer fünf-, sieben-
oder neunblätterigen Rose, deren Blätter nicht kreisförmig gebil-
det, sondernwelehe in der Form des sogenannten Eselsrüekens
meist nach oben._eine Spitze tragen. Diese Rosenblattbildungen sind
häuüg nur in schmalen Conturen, meistens in" Sammet- oder Da-
mastwebereien angedeutet. Unsere Sammlung von mittelalterlichen
Üriginalwebereien enthält mehr als 120 Nummern, meistens aus der
letzten Hälfte des XV. Jahrhunderts herrührend, von schweren
Seiden- und Sammetgeiveben , Worin als wiederkehrendes Dessin
der eben beschriebene Granatapfel, umrandet von einer vielblattc-
rigen Rose, als stereotypes Motiv in unzähligen Modificationen
variirt.
Fast sollte man glauben, dass dem eben beschriebenen Haupt.-
lnotiv des Granatapfels von einer vielblätterigen Rose umrandet,
"eine tiefere Bedeutung unterlegt worden sei. Dieses beliebte Or-
nament,vdas sich als Grundthema mit allen möglichen Modificatio-
xien lange Zeit hindurch in kostbaren Seiden- und Sammetstollen
bei Schluss des Mittelalters erhielt, haben Einige in folgender Weise
erklären wollen.
Der stets wiederkehrende blühende Giwiii;1,tu,pfel sei das
Symbol der Liebe; der Granatapfel mit seinen Blrtiehten (poin-
mes d'amour), wie er ebenfalls immer wieder in diesen Ge-
weben vorkommt, bedeute die Liebe , die sich im Glau-
ben thätig erweise und Früchte bringe zum ewigen Leben. So
würde sich auch die Krone erklären, die meistens über dem Gra-
natapfel schwebend, dargestellt sei. Die werkthatige, aufopfernde
Liebe nämlich findet dort oben ihr Verdienst, ihre Krone. Aber
kein Sieg ohne Kampf und keine Krone ohne Mühe und Anstren-
gung; deswegen umgebe auch den Granatapfel mit seinen Früch-
ten in diesen Stoffen zuweilen ein Dornenkranz.
Vielen mag vielleicht die Deutung des vorliegenden Ornamen-
tes in etwa gewagt erscheinen; auch wir konnten uns AllftlllgS
nicht leicht dazu entschliessen, eine solche symbolische tiefere Er-
klärung zuzugeben, zumal ältere Schriftsteller bei Beschreibung
der Gewänder mit diesen Mustern nichts derartiges eiwvahnen; 1)
l 1' gr
B01 Schriftstellern des XV. Jahrhunderts, f" W19 m Inwrftzvulnikjlrl]: 151,
Zeit werden diese Damaste gewöhnlich bezexchnet- als vpßnnl W119
gulis et pomellis".