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der Vorfahren den ehrwürdigsten Zwecken gewidmet hatten, würde
es eben keine leichte Aufgabe sein, in den Gewatndschränken unserer
Kirchen die schönen Ornate aus der in Rede stehenden Blüthezeit
der WVeberei und Stickerei zu zählen, Welche Ahnen vieler, heute
noch existirender fürstlicher und adliger Geschlechter als fromme
Donatoren aufzuweisen haben. Unter den vielen fürstlichen und graf-
liehen Namen, die uns durch Inschriften und Wappen seither be-
kannt geworden sind, zeichnete sich das Geschlecht der Herzogs
von Cleve 1) durch seine grossartige Freigebigkeit aus.
Reiche Messgewänder aus dem XV. Jahrhundert mit dem Rad-
stern von Cleve und den Lilien von Burgund bestickt, fanden wir
noch in mehrern Kirchen, z. B. in Wesel, Soest etc. Die vie-
len heute noch erhaltenen kirchlichen Ornatc inder Sacristei des
Domes zu Brandenburg, sämrntlich aus der katholischen Zeit stam-
mend, sind ebenfalls Belege dafür, wie sehr sich die kunstsinnigen
Fürsten aus dem Hause Hohenzollern die Zierde der Kirche und
den Schmuck der Altäre und ihrer Diener angelegen sein liessenß)
Auch der niedere Adel, die Patricier und die wohlhabenden
Bürger der Städte liessen sich im Mittelalter das Recht nicht neh-
men , den Glanz der kirchlichen Feste durch Schenkung reicher
liturgischer Gewänder zu heben.
S0 war z. B. die im alten Cöln hochgeehrte Zunft der QVap-
pensticker", von der wir im Folgenden ausführlicher handeln wer-
den, vollauf besehäftigt, nach den vielen noch erhaltenen Kunst-
werken dieser Zunft am Rheine zu urtheilen, den Bestellungen der
reichen Patricier _und Bürger an kirchlichen Ornaten nachzukom-
men. Dem Gebrauche der Zeit folgend, versäumten es denn diese
Wappenstieker nicht, den Namen des Geschenkgebers und meistens
auch den seiner Hausfrau mit in den reichen Goldstoif einzu-
weben, und es geschah dieses in der löblichen Absicht, damit der
Priester bei der Feier des h. Opfers ein wmemento" für Jene mit
einlegen möchte, deren Namen oder Geschlechtszeichcn ihn fort-
während an die fromme Schenkung erinnerten.
Schon im Vorhergehenden ist bemerkt worden . dass bei
Gelegenheit von Exequien mehr oder weniger reiche Gold- und
Seidengewebe über die Tumba von Seiten der Verwandten und
1) Zengniss von dem hohen Interesse für kirchliche Kunst der alten clevischeil
Fürsten, die mit dem kunstliebenden Geschlechter der Herzoge von Burgund
durch Heirath lange Zeit verwandt waren, legen ab die vielen Kirchen-
malereien, Sculpturen, Kirchengefässe am ganzen Niederrhein entlang, welche
heute noch. das Wappen ihrer erlanchten Stifter an der Stirne tragen.
2) wir werden einige derselben später beschreiben und (lurch Zeichnung cr-
äutern.