Volltext: Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters oder Entstehung und Entwicklung der kirchlichen Ornate und Paramente in Rücksicht auf Stoff, Gewebe, Farbe, Zeichnung, Schnitt und rituelle Bedeutung nachgewiesen und durch zahlreiche Abbildungen erläutert (Bd. 1)

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Aber auch die Kirche hatte in dem vorliegenden Zeitabschnitte 
einen gesteigerten Bedarf an Seidengeweben, und der Fabrication 
war es sehr darum zu thuen, diesen langjährigen guten Kunden 
durch Lieferung der besten und kunstreichsten Stoffe zufrieden zu 
stellen. 
Die Kirche, die es von jeher verstanden hat, einen geregelten 
Haushalt zu führen , fand sich im XV. und Beginne des XVI. 
Jahrhunderts in einer solchen Lage, dass sie der erhabenen und 
würdevollen Feier der h. Geheimnisse in Bezug auf Ausstattung 
der Kirche und ihrer Diener volle Rechnung tragen konnte. 
Wegen der Seltenheit und der theuern Preise der Seidenstoffe 
konnten noch im XIII. und XIV. Jahrhundert nur wenige Kir- 
chen Cultgewänder in den vorgeschriebenen liturgischen Farben, je 
nach den verschiedenen Festen sich beschaffen; aber mit dem XV. 
und vollständig im XVI. Jahrhundert finden sich wenige Kirchen, 
deren Vorrath an kirchlichen Gewändern nicht in einer Weise 
zugenommen hatte, dass den genauen Vorschriften der Liturgie 
und der Rubriken in Bezug auf Farben nicht hätte Genüge gelei- 
stet werden können. 
Mit den reichen kirchlichen Gefäissen, sitmmtlich hleisterwerke 
der Goldschmiedekunst aus der Blüthezeit des Gewerkes herrüh- 
rend, stimmten auch harmonisch zusammen in Bezug auf Schnitt 
und äussere Ausstattung jene Prachtgewänder, womit zu dieser Zeit 
die h. Geheimnisse an Festtagen besonders feierlich begangen wurden. 
Ausser den vielen kirchlichen Ornaten, theils mit Gold brochirt, 
theils mit kunstreichen Figur- und G oldstickereien verziert, 
finden wir in den noch erhaltenen Verzeichnissen des „thesaurus 
indumentorum" verschiedener Kirchen ausjener Zeit, Prachtgewvändei- 
aus Cendal, aus Goldbrocat, ferner Pluviale von carmoisinrothem 
Sammet mit Stäben (aurifrisia) in Gold gestickt, Altarvorhänge in 
orientalischen Goldstofien etc. S0 war, dem noch erhaltenen Inventar 
gemäss, die Sainte chapelle, erbaut von Ludwig IX, dem Heiligen, um 
diese Zeit mit priesterlichen Ornaten besonders reich versehen. Das er- 
wähnte Verzeichniss vom Jahre 1480 spricht von einem Leviten- 
rocke („casula diaconatus") von persischeni Satin, reich bestickt 
mit grossen Lilien in Goldfaden und mit kleinen Goldstäben (or 
de chipre) und mit Futterstoffen von (lunkclm Taffetta (taphetazo), 
desgleichen ein lllessgewand von Goldstcff aus Lucca, gefüttert 
mit rothem „sampdallo", ferner 6 Polster, überzogen mit alten Gold- 
gßiveben, (de veteri panno auri imperiali.) 
ES würde zu weit führen, wenn wir hier nur in kurzen 
Zügen ein Bild der Menge und des Reichthums der liturgischen
	        
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