Volltext: Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters oder Entstehung und Entwicklung der kirchlichen Ornate und Paramente in Rücksicht auf Stoff, Gewebe, Farbe, Zeichnung, Schnitt und rituelle Bedeutung nachgewiesen und durch zahlreiche Abbildungen erläutert (Bd. 1)

gesehen haben, Lucehesen und Florentiner, die bei öffentlichen 
Aufzügen als gesonderte und durch Statuten geregelte Corpora- 
tionen den Vortritt hatten; in den Städten Flanderns und nament- 
lich in Brügge, welches seit den Tagen des Mittelalters mit be- 
sonderer Vorliebe manchen stolzen Prunkzug in seinen Mauern 
aufführen sah, 1) erblicken wir bei öffentlichen Feierlichkeiten die 
Venetianer in erster Reihe, alle in schwere Seidenstoffe gekleidet, 
dann erst folgen in zweiter Reihe die Florentiner. 
Der Glanzpunkt der Fabrication von Brügge in Seiden- und 
Sammetstoffen und in schweren Goldbrocaten fiel in den Anfang 
der Regierung Carlis V., als auch das benachbarte Gent seine 
schönsten Tage erlebte. Da. das Land sich nicht zur Cultur der 
Maulbeerbäume eignete, so zog man es vor durch Brügger und 
Antwerpener Handelsschiffe die Rohseide aus Italien und, dem Üri- 
ente heranzuziehen;  auch Spanien scheint seit seiner Verbindung 
mit den niederländischen Provinzen vielfach die Lieferung der 
Rohseide übernommen zu haben.  
Aelteren Autoren zufolge scheint die Seiden-Fabrication in den 
iianderischen Städten Ypern, Brügge, Gent, Mecheln schon im XIII. 
Jahrhundert nicht ohne Bedeutung gewesen zu sein. Die Manu- 
facturen von Brügge würden demnach ein höheres Alter als die 
von Lyon aufzuweisen haben, wie das eine Stelle beim Math. von 
Westminster aus dem Jahre 1265 beweist, wo er prahlend angibt, 
wie alle Länder England ihre Kostbarkeiten zu übersenden sich 
beeilen, und der Orient und Occident dem stolzen Inselvolke tributär ist. 
Dann fährt er fort: „Byssus und Purpur bringt dir Asien, 
Gewürze und Balsam Africa, Gold Spanien, und Deutschland ist 
dir dienstbar durch Uebersendung des Silbers; dir England webt 
aus deinen Rohstoffen, Flandern, deine Weberin, kostbare Ge- 
wänder." 9) 
Unter allen Seidengeweben, welche die reichen Städte Flan- 
derns dem damaligen europäischen Markte zuführten , waren die 
schönen Satinstoffe von Brügge die gesuchtesten. 3) 
1) Unter vielen andern war dies namentlich der Fall bei Gelegenheit der Hei- 
rath Cai-Ps des Kühnen von Burgund. Vgl. memoires d'Oliviei' de 1a Mai-ehe, 
Liv. II. ch. IV. ann. 1474. 
2) O Anglia.      
Tibi in bysso et purpura Asia, in cinnamomo et balsamo Africa, in auro 
Hispania, in argento Germania scrviunt. Tibi de tua materia vestes pretiosas, 
tua textrix Flandria tcxuit.  
Flores historiarum etc. sub ann. 1265, Londini ex ofiicina Thomae Mar- 
Chil 911110 Dom. 1570, in fol. pag. 340, 341; vgl. ferner auch die Poesien 
des Erzpriesters von Heta in der Sammlung bei Sanchez, pag. 225, v. 1371. 
3) E9111 11116 Chape d'or frize .  . doble  .  de Satin de Burges rougc .  . une
	        
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