Volltext: Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters oder Entstehung und Entwicklung der kirchlichen Ornate und Paramente in Rücksicht auf Stoff, Gewebe, Farbe, Zeichnung, Schnitt und rituelle Bedeutung nachgewiesen und durch zahlreiche Abbildungen erläutert (Bd. 1)

für Italien die Quelle grossen Wohlstandes geworden war.  So 
lässt sich der Nachweis führen, dass bereits gegen Schluss des 
XIV. und mit Beginn des XV. Jahrhunderts italianische .,tisse- 
rands" stellenweise ihr Geschäft auf französischem Boden friedlich 
ausübten, indem sie die Rohstoffe aus ihrem Vaterlande bezogen. 
Jedoch dauerte es noch mehr als 50 Jahre, ehe die einzelnen Aus- 
wanderer in Städten, welche durch ihre Lage der Irlabrication Vor- 
schub leisteten, sich zu einer geschlossenen Corporation einigten 
und unter dem Schutze einer gewinnsüchtigen Municipalität, und 
bevorzugt durch Königliche Freibriefe ihrer Gewerbthätigkeit eine 
grössere Ausdehnung gaben. 1) 
Zwei Städte, Lyon und Tours streiten um den Vorrang, zu- 
erst die italiänischen Seidenwirker innungsmässig in ihren llIauern 
zu einer Corporation vereinigt und so die Grundlage zu der heut 
blühenden Seidenmanufactur gebildet zu haben. Seither war es all- 
gemeinere Annahme, dass im Jahre 1470 die ersten Seidenmanu- 
facturen im ausgedehntem Maasstabe zu Tours?) gegründet wor- 
den sei. Sechs Jahre später soll Franz II. Herzog von Bretagne aus 
Florenz Arbeiter herangezogen und zu Vitre Werkstätten zur Anferti- 
gung von Seidengeweben angelegt haben; ferner soll er diese italiä- 
nischen hlanufacturisten mit vielen Privilegien beschenkt und sie 
seines dauernden Schutzes für sich und ihre Nachkommen versi- 
chert haben. 3) Dieser wenig verbürgten Annahme zufolge würde 
denn die heutige stolze Monopole für Seidenwebereien, Lyon, im 
Bange vor Tours und Vitre zurückstehen müssen, wenn die eben 
mitgetheilte und die folgende Tradition auf Wahrheit beruhen sollte. 
Dieser zufolge sollen es nämlich zwei Genueser gewesen sein, Ste- 
phan Turquati und Bartholo Nariz, welche mit ihren Gehülfen im 
Quartier von St. Georg zu Lyon die Manufactur von Seidenge- 
weben begründeten, um zum Genusse der" vielen Vortheile und 
Freiheiten zu gelangen, welche ihnen durch Patentbriefe von Franz 
I. vom Jahre 1536 geboten waren. Indessen hat M. Gronier den 
in Frage gestellten Ruhm seiner Vaterstadt dadurch gerettet, dass 
er durch Beweisstücke aus dem IMunicipal-Archiv zur Evidenz er- 
hoben hat: es seien die Manufacturen Lyon's, zufolge der Patente 
Ludwigs XI., vier Jahre älter als die zu Tours. 4) Auf Grund dieser Pa- 
I) Notes pour servir ä. l'histoire de 1a. grande manufacture de Lyon, dans les 
nouvelles Archives du däpartement du Rhöne, tom. II. Lyon J. M. Barret, 
etc. 1833, 80. 
2) Hist. gän. de Languedoc p. D. D. de Vie et Vaissete, tom. II, pag. 279, 280. 
3) Hist. de Bretagne, par D. Lobineau, 1iv.XIX, eh. CLXXXIV, t. 1er, p. 731. 
4) Notes pour servir ä l'histoire de 1a grande manufacture de Lyon, dans les
	        
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