Blaler.
Wie aber selbst die Vögel, welche getäuscht zu haben sich Zeuxis einst
rühmte, ihn seinen Stolz entgelten liessen, indem sie wohl seine Trauben, nicht
aber den Knaben achteten, welcher sie trug; so sollte er selbst es noch mit
eigenem Munde bekennen, dass er von einem Nebenbuhler übertroiien sei. Die
Erzählung von dem gemalten Vorhange des Parrhasios, durch Welchen sich
Zeuxis täuschen liess, mag scheinbar wegen ihres anekdotenähnlichen Charakters
einen geringen Werth haben: im Grunde, werden wir finden, beruhte die Mög-
lichkeit der Täuschung doch auf wahrhaft künstlerischen Eigenschaften, in welchen
Parrhasios dem Zeuxis wirklich überlegen war.
Da wir von Schülern des Zeuxis nichts wissen, ausser dass einmal Lucian 1)
Mikkion als einen solchen, aber in einer Weise erwähnt, wonach sogar der
Name nicht einmal historisch überliefert, sondern für die Erzählung beliebig
erfunden sein könnte, so wenden wir uns sofort zu jenem glücklicheren Neben-
buhler, um an ihm eine andere Seite der Entwickelung der Malerei jener Zeit
kennen zu lernen.
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Parrhasios.
Parrhasios, Sohn und Schüler des Euenor 2), war aus Ephesos gebürtig 3).
Wahrscheinlich erlangte er später das athenische Bürgerrecht, da Seneca 4) und
Acron 5) ihn schlechthin Athener nennen; und es ist wohl möglich, was man
unter Hinweisung auf eine Stelle im Plutarch G) vermuthet hat, dass ihm diese
Ehre in Folge des für Athen gemalten Theseus zu Theil geworden sei. Die
Bestimmung seiner Zeit ergiebt sich zuerst im Allgemeinen durch sein Zu-
sammentreffen mit Zeuxis. Dazu kommt das Zeugniss des Quintilian 7), dass
Zeuxis und Parrhasios um die Zeiten des peloponnesischen Krieges gelebt, wo-
für als Beleg das Gespräch des Letzteren mit Sokrates bei Xenophon S) an-
geführt wird. Dass Plinius den Euenor in die 9Oste Olympiade setzt, kommt
hiergegen nicht in Betracht, da diese Bestimmung offenbar erst aus der seines
Sohnes abgeleitet ist. Wiedenholen wir dagegen die Bemerkung, dass Isokrates
in der Ol. 96, 2 verfassten Rede nagt ävnööasmgtl) des Parrhasios eben so wie
des Zeuxis in einer Weise gedenkt, wie er es nur bei Todten zu thun pflegt,
so müssen wir vielmehr die Möglichkeit zugeben, dass der Beginn seiner Kunst-
thätigkeit lange vor Ol. 90 falle. Hiernach lösst sich vielleicht die Schwierig-
98 keit, welche eine Stelle des Pausanias 10) bisher den Erklärern verursacht hat.
Dort heisst es: die Gisellirungen an dem Schilde der kolossalen ehernen Pallas
des Phidias habe Mys nach den Zeichnungen des Parrhasios ausgeführt. Ich
selbst glaubte früher 11) daraus schliessen zu müssen, dass diese Arbeiten erst
ein Menschenalter nach Phidias der Statue angefügt seien. Im Hinblick auf die
obige Bestimmung ist jedoch vielleicht die Annahme erlaubt, dass der grosse
Bildhauer selbst, durch seine vielseitige Thatigkeit für die perikleischen Bauten
zu sehr in Anspruch genommen, die Zeichnung für jenes Beiwerk dem Parr-
hasios, sei es auch noch in ganz jugendlichem Alter, aufgetragen habe, indem
z) Paus. I, 28,
60. 3) Athen.
zu Horat. IV,
128.
2; Juba ap. Harpoclz, Suid. v. Haggdaaog;
Harpocr. Suid. 1.1. Strabo XIV, p. G42; Plin.
6. G) TheS. 4. 7) XII, 10. 8) mem. HI, 10.