M aler
Zeit
Krieges.
des peloponnesischen
die Sculptur sich aus den alten Fesseln befreit hatte und zur vollendeten Schön-
heit gelangt war, musste es sich fast mit Nothwendigkeit zeigen, dass auch in
der Malerei die bisher festgehaltenen Grenzen nicht die Grenzen dieser Kunst
überhaupt bezeichnen konnten, sondern dass dieselbe noch Weiterer Entwicke-
lungen auf durchaus neuen Bahnen fähig war. Dabei müssen wir nun aller-
dings einerseits bedauern, wenn von den hohen Vorzügen einer früheren Zeit
ein wesentlicher Theil verloren geht; während wir andererseits uns nicht ver-
hehlen, dass ein solcher Umschwung eigentlich in der Natur der Dinge be-
begründet ist. Wo durchaus neue Forderungen und Probleme zu lösen sind,
da dürfen wir es einem Künstler nicht verargen, wenn er im vollen Bewusst-
sein seines veränderten Standpunktes selbst mit einer gewissen Einseitigkeit
sich diesen neuen Aufgaben hingiebt. Freilich müssen wir auf den geistigen
Gehalt eines Kunstwerkes stets den ersten und grössten Nachdruck legen. Doch
dürfen wir auch darin uns nicht zu solcher Einseitigkeit des Urtheils hinreissen
lassen, dass wir den Mitteln der äusseren Darstellung gar keinen selbständigen
Werth beizulegen geneigt sein sollten. Vielmehr entsteht die Vollendung des
Kunstwerks aus der harmonischen Verbindung tiefer Ideen und vollendeter mate-
rieller Darstellung. Erkennen wir daher dem Zeuxis das Verdienst zu, die Be-
deutung des Malerischen zuerst im weiteren Umfange erkannt und in der Durch-
führung begründet zu haben, so ist ihm hierdurch eine hervorragende Stellung
in der Geschichte der Malerei für immer gesichert, und es erscheint sogar voll- 96
kommen gerechtfertigt, wenn Plinius von seinem Standpunkte aus mit ihm und
Apollodor die Blüthe der Malerei erst beginnen lässt.
YVeniger lässt sich die Art rechtfertigen, wie der Künstler selbst diese
Stellung ftir sich in Anspruch nimmt: Zeuxis liefert das erste Beispiel eines
ungezügelten Künstlerstolzes. Ich will ein Zeugniss für denselben nicht in dem
Aussprüche finden, mit welchem er dem auf sein leichtes und schnelles Malen
stolzen Agatharch antwortete: er brauche viele Zeit zum Malen 1). Denn wenn
auch nach dem Doppelsinne des griechischen Ausdruckes (noMoj Xgcivcg) der
Künstler zugleich sagen Wollte, er male für lange Zeit, so liegt doch darin
noch mehr eine Werthschätzung der verschiedenen Manieren der Malerei, als
des persönlichen Verdienstes Dagegen spricht sich sein Stolz deutlich aus in
dem, was Plinius über den Pomp seiner Kleidung und über das Verschenken
seiner Werke bemerkt, so wie in der Anwendung, Welche er selbst von den
Versen des Homer auf seine Helena machte. Nicht Weniger stolz erscheint er
in einem Epigrammeä), in welchem er sich für unbesiegbar erklärt. Endlich
gehört hierher der Ausspruch: tadeln sei leichter, als besser machen (nwwjgg-gag
11.4; ndMm; 1? ytwjagrat). Denn wenn Einige sagen, Apollodor habe diesen
Spruch auf „seine YVerke" gesetzt, so muss diese Allgemeinheit, diese öftere
Wiederholung von vorn herein unsern Verdacht erwecken, und der Ueberlieferung
des Plinius den Vorzug sichern, Welcher ein bestimmtes Werk, einen Athleten,
anführt, den Zeuxis durch diese Aufschrift als unnachahmlich habe hinstellen
wollen.
_ 1] Elut. Per. 13; de amic. mult. 94 F.
716m TOL unocpü. II, p. 386; vgl. Bergk anall.
Brunn, Geschichte der griechischen Künstler. II.
2) Anthol. XIII,
lyr. I, p. 7.
2. Aufl.
P
777,
99
Arist.
ö
orat.