Die
Eine Nachricht des Aelian (v. h. XIV, 17): dass Zeuxis das Haus des
82 Archelaos um den Lohn von vierhundert Minen mit Malereien geschmückt habe,
ist von Welcker (Allg: Lit. Zeit. 1836, Oct., S. 216) als eine Anekdote der Phi-
losophenjünger in Zweifel gezogen worden, denen es nur darauf angekommen
wäre, dem Aufwande für Ausschmückung des Hauses die Verwahrlosung des
innern Menschen gegenüherzuhalten. Die Einzelnheiten der Erzählung mögen
wir allerdings auf sich beruhen lassen; sie gänzlich als erfunden zu verwerfen,
scheint mir jedoch kein hinlänglicher Grund vorhanden, um so weniger, als der
von Zeuxis dem Archelaos geschenkte Pan es unzweifelhaft macht, dass Maler
und König in näherer Berührung gestanden haben müssen.
Zur Begründung eines Urtheils über die künstlerische Bedeutung des
Zeuxis stellen wir uns von vorn herein auf den Standpunkt der historischen
Betrachtung, indem wir seine Werke vor Allem im Gegensatze zu den Schö-
pfungen des Polygnot und seiner Genossen der Erörterung unterwerfen. Dazu
werden wir ganz ausdrücklich durch den Ausspruch des Aristoteles 1) aufgefor-
dert, dass Polygnot ausgezeichnet als Maler des Ethos sei, der Malerei des Zeuxis
dagegen das Ethos abgehe. Der Gegensatz zwischen beiden Künstlern nun
kann, selbst ganz ausserlich betrachtet, kaum schlagender sein. Grosse epische
und historische Compositionen der Art, wie Ilions Untergang; oder die Unter-
welt von Polygnot, fehlen unter den WVerken des Zeuxis gänzlich. Statt einer
Fülle von einzelnen, zu einer höheren Einheit zusammengefassten Gruppen finden
wir bei ihm überall Beschränkung auf einzelne Scenen von nur mässigem Um-
fange. Nicht minder bedeutend aber, als in dem äusseren Umfange, ist die
Verschiedenheit in der gesammten geistigen Auffassung. "Jener Zeuxis, einer
der ausgezeichnetsten Maler, mochte diese gewöhnlichen und bekannten Gegen-
stände, wie Helden, Götter oder Kriegsscenen, gar nicht oder nur sehr selten
malen, sondern strebte immer etwas Neues zu erfinden, sann auf Ungewöhn-
liches und Fremdartiges, und wollte darin die höchste Vollendung der Kunst
zeigen." Mit diesen Worten leitet Lucian die Beschreibung des Kentaurenge-
mäldes ein; und auf dieses finden sie auch ihre nächste und strengste An-
83 Wendung. Doch wird es von Nutzen sein, zu untersuchen, wie Weit sich ihre
Richtigkeit auch sonst an der Kunst des Zeuxis bewährt. Ich will hier keinen
Nachdruck auf eine andere Darstellung von Kentaurinnen mit ihren Jungen legen,
welche Philostratg) beschreibt, so wie auf das jetzt in Berlin befindliche Mosaik aus
der Villa Hadrians bei Tivoli 3), in welchem der Kampf von Kentauren gegen
wilde Thiere in ergreifender Weise geschildert ist. Denn so sehr auch diese
Compositionen als durchaus derselben Geistesrichtung entsprungen erscheinen,
die wir aus Lucians Schilderung kennen gelernt haben, so ist doch damit nicht
erwiesen, dass ihre Erfindung auf Zeuxis selbst zurückzuführen ist. Sehen wir
uns "daher weiter unter seinen XVerkenAum, so würden wir wahrscheinlich zu-
nächst des Boreas und der Tritonen gedenken müssen, wenn wir über die Art
ihrer Darstellung genauer unterrichtet livätren: dass sie zu einer ähnlichen Auf-
fassung, wie die Kentauren vorzugweise geeignet waren, unterliegt keinem Zweifel.
Das Gemälde des Pan erwähnt freilich Plinius nur mit einem einzigen Worte.
Poet.
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