seine
Polygnotos und
Zeitgenossen.
für bestimmte Zwecke, für grosse historische Gemälde an öffentlichen Orten,
liess sie sich durch nichts anderes ersetzen, so wie sie sich ja auch dem heu-
tigen Künstler bei ähnlichen Aufgaben unentbehrlich zeigt. An einzelnen Be-
legen für diese Behauptung wird es in den späteren Erörterungen nicht fehlen.
Nach dieser längeren Abschweifung, welche jedoch zum vollen Verständ-
niss nicht nur der bisher behandelten, sondern auch der folgenden Periode noth-
wendig war, kehren wir wieder zu unserer Aufgabe zurück, die im Einzelnen
gewonnenen Resultate zu einem historischen Ueberlalick zu vereinigen. Blicken
wir auf die ältere Geschichte der Plastik zurück, so begegnen wir dort der
wichtigen Erscheinung, dass sich von Anfang der eigentlich historischen Zeit
an Gruppen und Schulen sondern, die sich unter einander durch bestimmte
charakteristische Kennzeichen unterscheiden. In der Geschichte der ältesten
Maler sind wir etwas ähnliches nachzuweisen nicht im Stande. Die Maler, an
deren Namen sich die Sagen von der Erfindung der Malerei knüpfen, sind an
Verschiedenen Orten Griechenlands zerstreut, und stehen auch sonst so verein- 69
zelt, dass eine schulmässige Entwickelung an bestimmten Orten sich nirgends
verfolgen lässt. Erst um die Zeit des Polygnot wird Athen Mittelpunkt der
Kunstthätigkeit; aber auch dann nimmt es eine durchaus andere Stellung ein,
als z. B. Samos, Aegina, Sikyon in der älteren Plastik. Am besten lässt
es sich mit Rom in der Zeit des Wiederauflebens der Künste vergleichen.
Giotto, Masaccio, Fiesole, Perugino u. a. arbeiteten in Boni; aber eine eigent-
lich römische Malerschule gab es selbst zur Zeit Raphaels und ivlichelangelos
nicht. Rom bildete nur den Mittelpunkt, in welchem die verschiedenen Schu-
len zusammenlaufen und sich zu einer letzten "gemeinsamen Blüthe entfalten
sollten. Aehnlich war es in Athen. Zwar sind Eumaros, Mikon und Pa-
naenos von dort gebürtig: Aber diejenigen Maler, welche für die Entwicke-
lung ihrer Kunst bestimmend wirken, welche neue Richtungen begründen,
sind Fremde. S0 auffallend dies scheinen mag, so erklärlich ist es doch unter
mehreren Gesichtspunkten. Als Athen nach den Perserkriegen die Hegemonie
über Griechenland errungen hatte, musste es streben, sich in allen seinen Unter-
nehmungen als die Hauptstadt zu zeigen. Was man in der Kunst unternahm,
durfte deshalb nicht darauf abzielen, diese erst zu bilden, sondern das Glän-
zendste zu leisten, was man damals überhaupt zu leisten im Stande war. Man
berief daher die tüchtigsten Künstler auch von andern Orten, um nur keinem
andern Staate in dem Glanze der Kunstleistungen nachzustehen. So entwickelte
sich ztvar nicht eine ursprünglich aus attischem Boden entsprossene Kunst-
schule, aber ein Kunsttreiben, welches in seinen Folgen mindestens eben so
bedeutend, wie eine eigentliche Schule wirken musste. Denn der Wetteifer der
tüchtigsten Meister, der "Wetteifer insbesondere zwischen Männern, welche in
ihren Anfängen von ganz verschiedenen Principien ausgegangen sein mochten,
musste die Malerei gewiss schneller fördern und zu ganz neuen Entwickelungen
torttreiben, als selbst der tiefste Ernst einer einzelnen Schule, welche sich selten
von einer gewissen Einseitigkeit der Auffassung ganz frei zu erhalten wissen
wird. Diese Behauptung findet namentlich auf die letzten Zeiten der bisher
behandelten Periode ihre Anwendung. Denn als Polygrnot zuerst auftrat, scheint
die ltlacht seines Einflusses so gewaltig); gewesen zu sein, dass anderweitige TU