Die
Blaler.
67 nung im engsten Zusammenhange steht, Genüge geschehen ist; und eben darum
vermissen wir hier. eine rein malerische Nachbildung der Wirklichkeit weit
weniger, als in einem Tafelbilde, welches einen grossen Theil seines WVerthes
erst durch die Durchführung im Einzelnen erhält.
Machen Wir jetzt hiervon die Anwendung auf Polygnot selbst, so haben
wir schon bei Gelegenheit der delphischen Gemälde auf die strenge, ich darf
wohl sagen, architektonische Gliederung der Composition hinweisen müssen.
Ueherall sondern sich grosse, einander entsprechende Massen, in denen sich
das Auge des Beschauers leicht, Wie in dem Anblicke eines schöngegliederteil
Tempels, zurechtfinden musste. Ist nun schon diese Art der Composition vor-
zugsweise durch das Wesen der Wandmalerei bedingt, so führt uns auf dieselbe
nicht weniger die Beschränkung in den Mitteln eigentlich malerischer Darstel-
lung, welche wir in den Werken des Polygnot nicht wegzuleugnen vermochten.
Denn mit der Wandmalerei sind die aus jener Beschränkung; entspringenden
Mängel wenigstens in so weit verträglich, dass davon der übrige hohe Ruhm
des Künstlers gänzlich unberührt bleibt; in der Tafelmalerei dagegen würden
sie nothwendig ein nicht geringes Gefühl der Unbefriedigungi hervorbringen
müssen. Ich leugne nicht, dass diese ganze Betrachtungsweise bei Manchem
Anstoss erregen kann, insofern als es scheinen mag, sie beruhe mehr auf einem
subjectiven Gefühle, als auf thatsäclilichen Verhältnissen. Wer es jedoch nicht
verschmäht, die Erfahrungen zu Rathe zu ziehen, welche sich aus der Betrach-
tung der älteren und der neueren Kunst gewinnen lassen, der wird schliesslich
erkennen müssen, dass jenes Gefühl erst durch historische Thatsachen geleitet
und bestimmt worden ist, und dass ihm daher keine geringere Beweisfähigkeit
innewohnt, als einem vereinzelten äusseren Zeugnisse.
Wenn wir uns demnach die grossen Schöpfungen des Polygnot und seiner
Genossen nur als Wandgemälde ausgeführt zu denken vermögen, so soll damit
die sonstige Ausübung der Tafelmalerei für diese Zeit keineswegs geleugnet
werden; ja selbst die genannten Künstler können sich wohl zuweilen darin ver-
sucht haben, wie es z. B. die Erzählung von künstlerischen Wettkämpfen bei
68 den isthmischen und pythischen Spielen 1) fast mit Sicherheit voraussetzen lässt.
Dass aber dort der berühmte Panaenos von dem sonst unbekannten Timagoras
besiegt wurde, erklärt sich vielleicht eben daraus, dass der Erstere an den
grossen historischen Styl der Wandmalerei gewöhnt war, während sein Neben-
buhler sich in der Tafelmalerei" zu höherer Meisterschaft ausgebildet hatte.
Auf jeden Eall war die Letztere auf Werke geringeren Umfanges beschränkt
geblieben, und vermochte wegen der noch mangelhaften Mittel der rein male-
rischen Darstellung nicht zu einer so allgemeinen Anerkennung, wie die Erstere,
durchzudringen, am wenigsten in den Augen der späteren Geschlechter, welche
in der gloria penicilli die Blüthe der Malerei zu sehen gewohnt waren,
Auf der andern Seite werden wir uns dagegen vor der Annahme zu Wahren
haben, dass in Folge des durch Apollodor und Zeuxis bewirkten Umschwunges
die Wandmalerei gänzlich verdrängt worden sei. Allerdings musste die Durch-
führung auch in dieser Gattung; eine durchaus andere werden, als bisher. Aber
Plin.