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Die
G emmenschneider.
Ein Eros hebt die Decke von dem Sessel, welcher dem Paare zum Sitz dienen
soll, während ein anderer, nach den gebogenen Flügelspitzen etwa Anteros zu
benennen, von hinten über ihren Häuptern die sogenannte mystische Schwinge
erhebt. Die Darstellung wurde zuerst nach einer Zeichnung des Pirro Ligorio
bekannt gemacht, welche Spon aus den Papieren des Bascas de Bagarris er-
hielt; dass der Stein selbst sich in Ligorio's Besitz befunden habe, wie Köhler
behauptet, geht aus Spon's Angaben nicht hervor. Später kam derselbe in die
ArundePsche und von da in die Marlboroughsche Sammlung (aus welcher er
jetzt verschwunden ist, vergl. Gerhard's Arch. Anzeiger 1854, p. 4-33): Spon
Recherches cur. p. 87, pl. 3; Miscell. p. 7, t. 3; Stosch t. 70; Bracci II, t. 114-;
Raspe 7199, pl. 42; Gades II, B, 286; G. I. 7267. Ein Steinschneider Tryphon
ist durch ein Epigramm des Adaeos in der Anthologie (Anall. II, p. 242, n. G)
bekannt, wo als sein Werk ein Beryll mit der Darstellung dar Galene gepriesen
wird. Indern man nun den Dichter der Anthologie mit dem von Polemon ge-
kannten Adaeos identiiicirte und demnach für einen Zeitgenossen des Polemon
und des Königs Antigonos hielt, glaubte man auch den Künstler des Arundelü
sehen Steines in dieselbe Zeit setzen zu dürfen, wogegen jedoch schon die runde
Formdes 6 sprechen würde, deren Gebrauch für die damalige Zeit wenigstens
noch nicht sicher nachgewiesen ist. Aber schon Beiske hat darauf aufmerksam
gemacht, dass jenes Epigramm durchaus das Gepräge einer spätern Zeit trage.
Damit wäre allerdings die Möglichkeit wieder gewonnen, den Künstler des Epi-
gramms und des noch erhaltenen Steines für eine Person zu halten. Aber hier-
von ganz abgesehen, darf auch eine andere Möglichkeit nicht geleugnet werden,
dass nämlich der Name auf dem Gamee in neuerer Zeit von dem Epigramme
636 entlehnt sein könne. Köhler, der (S. 201) diesen Verdacht zuerst äussert und
den Stein unter die setzt, „deren Alterthum sowohl wegen der Kunst, als wegen
der Aufschrift ungewiss ist", spricht sich zwar vorsichtiger als gewöhnlich aus,
weil ihm nur mangelhafte Abdrücke zu Gebote standen. Dagegen verdammt
Stephani wenigstens die Inschrift ganz entschieden (bei Köhler S. 358; angebl.
Steinschneider S. 188; 191; 197 und 24-7). Der Schnitt zeige zwar einen von
den Fälschungen des achtzehnten Jahrhunderts wesentlich verschiedenen Gha-
rakter: der Name sei in der gewöhnlichen Weise seiner (des Ligorio) Zeit in
ebenso grossen als derben Buchstaben abgefasst, deren Schnitt wesentlich den-
selben Charakter zeige, den der Name des Lorenzo de' Medici auf den ihm einst
angehörenden Gemmen zu zeigen" fptlege. Wenn ich nun auf einige andere
Gründe Stephanfs: die vertieften Buchstaben, die Stellung der Inschrift über
(E15 Dargestellten, statt im Abschnitt, keinen Werth legen kann, so muss ich
doch zugeben, dass, „was aus den Händen des Ligorio kommt, heut zu Tage
Niemand ohne die gewichtigsten Gründe für echt gelten lässt", zumal in dem
Epigramme der Anthologie die mögliche Quelle der Fälschung klar vorliegt.
Sind aber dadurch gewichtige Zweifel einmal angeregt, so möchte ich dieselben
eben so sehr gegen die ganze Arbeit, als gegen die blosse Inschrift richten.
Denn die So höchst liebliche und anmuthige Darstellung zeigt doch des sach-
lieh Auffälligen mancherlei. Die Braut erscheint allerdings in antiken Hoch-
zeitsvorstellungen mit dem Schleier, aber WO mit bedecktem Gesicht? Und nun
gar der Bräutigam? Die Taube ferner, welche Eros an seine Brust drückt, ist