und
WVirkliche
Steinschneider
angebliche
Gemmeninschriften.
401
Einfassungen sind weder auf hetrurischen Käfern, noch auf den so sehr seltenen
Gemmen des frühesten griechischen Styls bis jetzt gefunden worden. Auch sind
auf den genannten beiden Arten von Gemmen die Aufschriften niemals in so
kleinen Buchstaben gegraben als diejenigen sind, welche die Verfälscher im
achtzehnten Jahrhundert aufgebracht haben und die uns beim ersten Blick den
Betrug ankündigen." Stephani (Angebl. Steinschn. S. 220), der Köhler's Ansicht
über die Inschrift theilt, fügt noch hinzu, dass „ein antiker Künstler seinen
Namen auf diesem Steine sicher im Abschnitte angebracht haben würde." Ich
habe namentlich die Worte Köhleris ausführlich angeführt, weil sie zeigen, wie
wenig zuweilen selbst positiven Behauptungen bei ihm zu trauen ist. Denn
was er über Einfassung; und Schrift bemerkt, ist thatsi-ichlich falsch, so dass er
offenbar nach sehr mangelhaften Abdrücken geurtheilt hat. Die Einfassung" 590
(und dies hat auch schon Stephani bemerkt) ist wirklich vorhanden. Der Styl
der Arbeit ist der freiere, aber immer noch durch eine gewisse Scharfe charak-
terisirte der Scarabäen; und diesem Styl entsprechend tragen auch die Buch-
staben einen älteren Charakter, so namentlich das M. YVeiter aber ist die In-
schrift keineswegs übermässig klein, sondern den1 gegebenen Raume durchaus
entsprechend, und in dem mir vorliegenden Abdrucke vollkommen deutlich und
kräftig und weit besser lesbar als auf vielen anderen Gemmen. Was ferner
Stephanfs Bemerkung betrifft, so konnte auf diesem Steine die Inschrift im
Abschnitteigar nicht angebracht werden, weil ein solcher gar nicht vorhanden
ist. Wenn nun endlich Stephani meint, die Annahme, dass der Name aus der
ltlarrnorinschrift eines Vascularius L. Maelius L. l. Thamyrus (Grut. 64-3, 4-) ent-
lehnt sei, werde unterstützt durch die Seltenheit des Namens, so wie dadurch,
dass schon Stosch beide Personen zu identificiren gesucht, so kann die noch
durch nichts bewiesene Annahme einer Fälschung durch die ebenso gewagte
Vermuthung über die Quelle ihrer Entstehung keineswegs an Glaubwürdigkeit
gewinnen. Es bleibt also nur noch die Frage übrig, ob wir wirklich den Na-
men eines Steinschueiders vor uns haben. Tölken (Sendschreiben S. 56) denkt
an „den Besitzer, der damit siegelte, vielleicht mit schalkhafter Hindeutung auf
die Zeit böser Kaiser, wo die Hüterin der Geheimnisse sich bedenklich hinter
dem Ohre kratzen muss." Das Letztere scheint mehr ein Scherz, als ein ernst-
hafter Erklarungsversuch. Dagegen weicht der oben angedeutete Charakter der
Schrift von dem der anderen sicheren Künstlerinschritten nicht unwesentlich ab
und ebensowenig verräth sich in der, wenn auch guten Arbeit eine bestimmte
künstlerische Individualität, dass wir von vorn herein nicht erwarten dürfen, ihr
den Namen eines Künstlers beigefügt zu sehen.
Ueber einen zweiten Stein mit dem Namen des Thamyras handelt, Ste-
phani (Angebl. Steinschn. S. 220) sehr ausführlich. Es ist ein Camee der Bever-
ley'schen Sammlung, mit dem Bilde eines sitzenden Kindes und der vertieft ge-
schnittenen Inschrift OAZIIIFPOY: Cades II, O, 6. Die Darstellung ist nach
Clarac p. 215 dieselbe, wie bei Caylus Rec. I, pl. 45, 2; Eckhel p. gr. t. 30.
Ueber das Alter der Arbeit wage ich nicht ein bestimmtes Urtheil auszusprechen. .591
Im Styl jedoch vermag ich nicht einmal „eine allgemeine Aehnlichkeit mit
dem der Sphinx" anzuerkennen. Das Bild zeigt allerdings „eine freie gewandte
Formenauffassung", aber eine sehr skizzirte Behandlung. Ebenso ist die In-
Brunn, Geschichte der griechischen Künstler. II. 2. Auß, 26