Gemmenschneider.
Golurnbarium der Livia als eine Quelle möglicher Fälschung hingewiesen haben
konnte. Auch Vettori (Dissertat. glypt. p. 5) sagt nur: opus enim quantumvis
elegantissimum, sublestae iidei suspicionem subit apud plerosque cultos viros,
qui in eodem expendendo, manum recentioris STÜHCIS, iudicio sane constanti,
perspectam habere sibi videntur. Selbst YVinckelmann schweigt noch von jener
Inschrift, und erst Gori, der sie früher herausgegeben, verfiel 1767 darauf, den
Agathangelos des Steins und der Inschrift als eine Person zu betrachten. Nicht
unmöglich wäre es, dass sich erst hieraus die Sage von der Entdeckung des
Steins in jenem Columbarium gebildet hätte. An der Echtheit zweifeln weder
Winckelmann noch Gori, und Bracci (p. 27) beruft sich dafür auf die berühm-
testen Steinschneider seiner Zeit: Girolamo Bosi, Francesco Sirleti, Francesco
und Giovanni Pichler und Francesco Alfani. Dagegen kehrt Raspe wieder auf
den Standpunkt Vett0ri's zurück, und er nennt zuerst geradezu die Inschrift
des Steines von der Grabschrift entlehnt, indem er hinzufügt: jeder Buchstabe
für sich sei gut gearbeitet und doch verrathe das Ganze auf den ersten Blick
die Ignoranz des Betrügers. Auch Visconti (Op. var. lI, p. 121 und 327) ver-
dammt zwar nicht den Stein, aber die Inschrift, wie es scheint, hauptsächlich
auf die Auctorität Vettori's hin. Hören wir jetzt, wie Köhler sich äussert: er
tadelt Bracci, dass dieser den Stein „mit Freuden in sein Werk aufnahm, ob-
gleich die Schreibart des Namens (mit Welche Winckelmann ohne Erfolg
sich bemühte zu entschuldigen, ferner der erst seit Entdeckung des Grabmals
der Livia bekannt gewordene Name des Agathangelos, den Stein mehr als zu
verdächtig machen. Ja man wusste noch überdies in Italien, dass beides, die
sorgfältige Arbeit ebenso wie der Name des Steinschneiders neuen Ursprungs
waren. Ausführlicher ist Stephani: er findet die scheinbare Unbefangen-
heit und Energie in Behandlung des Barts und der Augenpartie in geradem
341Widerspruche mit der weichen Eleganz und sorgsamen Berechnung an den
Fleischpartien namentlich am Halse, den ein antiker Künstler am ersten ver-
nachlässigt haben würde. In der Inschrift aber seien die Kugeln an den Enden
der Buchstaben so unverliältnissmässig"gross gebildet, dass sie einander bei-
nahe berühren und die Verbindungslinien nur noch mit Mühe erkennen lassen:
ein Verhältniss, das sich kaum mit Hülfe der rohesten attischen oder ägypti-
schen Münzen durch ein antikes Analogon begründen lasse und sich sowohl
für sich, als auch vorzüglich in seiner Verbindung mit der vollendeten Eleganz
und Regelmässigkeit des Schnittes so sehr von antiker Sitte entferne, dass selbst
die conservativsten unter den Gelehrten, wie R. Rochette, den Namen preis-
gäben, wenngleich sie den Stein selbst für antik erklärten und dadurch in einen
noch ärgern Widerspruch geriethen, da Bild und Buchstaben so vollständig in
einem Geiste behandelt seien, dass beides nothwendig von derselben Hand
herrühren müsse. Dazu wird dann auf den angeblichen Fundort und die In-
schrift aus dem Golumbarium der Livia noch ein besonderes Gewicht gelegt.
Stephanfs Ausführung kannte Tölken noch nicht: ich bemerke daher zunächst
nur, dass B. Rochette (Lettre p. 105) seine Verwerfung nur auf das Zeugniss
Vettoriis und Viscontfs stützt. Was sodann die Form der Buchstaben anlangt,
so müssen Stephanfs XVorte jeden, der nicht den Abdruck der Gernme vor sich
hat, irre leiten, und der Vergleich mit rohen attischen und ägyptischen Münzen