und
Wirkliche
Steinschneidcr
angebliche
Gemmeninschriften.
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werden soll. Im Gegentheil ist es durchaus Wahrscheinlich, dass der zuerst für
das Portrait des Solon gehaltene Kopf schon im sechszehnten und siebzehnten
Jahrhundert nebst der Inschrift copirt worden ist, weshalb von den jetzt be-
kannten Exemplaren allenfalls nur ein einziges echt zu sein brauchte. Welches
unter ihnen den meisten Glauben verdient, vermag ich bei den unzulänglichen
mir zu Gebote stehenden Mitteln allerdings nicht mit Sicherheit zu entscheiden.
In den verschiedenen Publicationen sind siezmehrfach unter einander verwechselt
und erst Kühler (S. 123) hat sie sorgfältig unterschieden.
1) Ein sehr schöner indischer Carneol, in der farnesischen Sammlung zu
Neapel, mit der Aufschrift COAQNOC; das Untertheil der Buchstaben ist nach
aussen gewendet; Grösse 0,017 M.: Winck. Descr. IV, 217; [Lippert II, n. 551];
Raspe 10737; Cades V, 812.
2) Ein Oarneol ziemlich von derselben Grösse, früher in der Riccardfschen,
später in der Poniatowskfschen Sammlung, mit der Inschrift OONCUA OO, die
Füsse der Buchstaben nach aussen gewendet: Gori inscr. etr. I, t. 2, 3; [Mus.
flor. II, t. 10, n. 2]; Stosch t. 62; Bracci II, t. 105; Winck. IV, 216 (in diesen drei
Werken fälschlich als der Ludovisfsche bezeichnet); Raspe 10730; Gades V, 311.
3) Ein Garneol, bedeutend grösser als die vorigen, soll sich nach Köhlerjetzt
in der Wiener Sammlung befinden; die Inschrift OONQXXOO mit dem Unter-
theil nach aussen gewendet: Raspe 10731 nach Köhler, dem dieser Stein der-
selbe zu sein scheint, welchen F. Ursinus in Kupfer geliefert und Bellori, Gronov
und La Ghausse aus der barberinischen Sammlung in Kupfer haben stechen
lassen.
4-) Ein sehr flach geschnittener Garneol, etwas schildfürn1ig' geschliffen,
0,03 M. gross; die Füsse der Inschrift COASBNOC nach innen gerichtet, im
Besitz des Fürsten Piombino (Ludovisi) in Rom: Raspe 10732 (nach Kühler);
Gades V, 310. Die Buchstaben sind keineswegs, wie Kühler angiebt, nur flüchtig,
sondern eher mit einer gewissen Derbheit gegraben.
Auf Welche Steine sich die Abbildungen bei Baudolet beziehen, lässt sich
nach dem Auszüge aus seiner Abhandlung nicht beurtheilen. Die Frage nach
dem Namen des dargestellten Mannes lasse ich unberücksichtigt. Ihn von dem
auf dem pariser Amethyste des Dioskurides dargestellten zu unterscheiden, wie
Kühler will, sehe ich keinen hinlänglichen Grund, da die Abweichungen sich
aus der Verschiedenheit der künstlerischen Auffassung erklären.
Dass die genannten vier Exemplare sammtlich echt seien, ist allerdings
wenig glaublich. Den wiener Stein kenne ich nicht einmal aus einer Abbildung.
Nach Kühler S. 125 besitzt das Gesicht Leben und kräftigen Ausdruck, und
was dem Ganzen an Beendigung abgeht, wird durch Freiheit der Ausführung
zum Theil ersetzt. Auffällig ist, dass die Inschrift auf dem Stein rechtläufig 523
steht: ein Bedenken, welches sich bei dem Biccardfschen Exemplar wiederholt,
auf dem ausserdem die Form des A möglicher Weise von dem altern Kupfer
des Ursinus entlehnt sein könnte. Auch steht das Ohr nach Kühlers Bemerkung
falsch, wie überhaupt die Arbeit am charakterlosesten ist. Als den Vorzüg-
lichsten unter allen vier Steinen betrachtet Kühler den neapolitaner: „Alles, so-
wohl das Gesicht als das Haar, ist mit eben so viel Geschmack als Fleiss be-
endigt"; während dem Piombindschen erst die dritte Stelle angewiesen wird.