Gemmenschneider.
der Zuverlässigkeit seiner Gründe steht. So erweckt es z. B. hier kein günstiges
Vorurtheil für seine Gründlichkeit, wenn er sagt, dass Bracci des Nikander ,.,nicht
in der Beschreibung, sondern blos in der Ueberschrift der Platte gedacht habe",
während in der Beschreibung ausschliesslich von dem Künstler gehandelt und
hinsichtlich der Darstellung auf das bei Gelegenheit des Euodos Gesagte ver-
wiesen wird. Wenn aber in der Regel bei Fälschungen sich ein bestimmtes
Motiv für die Wahl der Namen nachweisen lässt, so ist dies erstens hinsicht-
lich des Nikander nicht der Fall. Sodann will ich allerdings den Werth der
Arbeit an sich nicht hoch anschlagen; sie hat etwas Derbes und Flüchtiges,
aber eben darum macht sie den Eindruck der Echtheit, und namentlich weicht
sie von der Masse der im vorigen Jahrhundert gefälschten Gemmen mit Künstler-
namen weit ab. Dasselbe gilt von der Inschrift: sie ist mit einer gewissen Eil-
fertigkeit geschnitten: E aus drei flüchtigen Strichen ersetzt die mühsamere
runde Form, für O und den Kopf des P genügt ein runder Punkt. Alles dies
ist gewiss nicht Fälschermanier; und die vollkommene Harmonie zwischen der
Arbeit des Kopfes und dem Schnitt der Buchstaben gewährt daher die beste
Garantie der Echtheit des Ganzen.
Onesas.
Schon Agostini (Gemme ant. fig. II, 7) und nach ihm Maffei (Gemm. II, 50)
publicirte eine antike Glaspaste, welche aus Andreinfs Besitz später in die flo-
rentiner Gallerie gekommen ist. Dargestellt ist eine weibliche Figur, welche
an einen Pfeiler gelehnt ihre Leier stimmt: eine Muse nenne ich sie deshalb
520 nicht, weil die rechte Schulter und Brust vom Kleide entblösst sind; hinter dem
Pfeiler, auf dem ein nacktes Figürchen steht, liest man ONHCACV {j SPOIBI:
Stosch t. 45; Gori Mus. tlor. II, t. 4; Bracci t. 88; Winckelm. Descr. II, 1263;
Raspe 3440; Gades-II, C, 27; C. I. 7231. Köhler, der im Allgemeinen das Ver-
dienst dieses Werkes richtig würdigt (S. 190), kann doch auch hier nicht unter-
lassen, wenigstens gegen die Inschrift Zweifel zu äussern. Er nennt Gestalt
und Kopf der Figur „gut erfunden und gezeichnet, auch die Ausführung leicht
und geschmackvoll, aber alles nur angefangen, blos angelegt und nichts voll-
endet"; die verschiedenen Wiederholungen derselben Gestalt (deren es z. B.
zwei mit den Namen des Allion und Archion giebt) standen gegen diese Paste
weit zurück. Weil aber alles nur angelegt sei, und der Glasfluss auch nicht
von einem Steine, sondern von einem Entwurfs in XVachs genommen zu sein
scheine, so müsse die Inschrift verdächtig sein, da doch kein Künstler seinen
Namen auf einen blossen Entwurf werde geschrieben haben. Wie wenig haltbar
alle diese Gründe sind, hat schon Stephani (S. 352) bemerkt. Namentlich hebt
er mit Recht hervor, dass der Mangel an Beendigung; wenigstens zum Theil
wohl Folge der Nachlässigkeit bei Anfertigung der antiken Paste sein möge;
und in der That ist die Arbeit keineswegs skizzenhaft derb, sondern sie er-
mangelt nur der Schärfe in den Details. Weiter aber bietet die Inschrift an
sich betrachtet nichts Verdächtiges dar, und es wäre überdem kein Grund ab-
zusehen, Wie ein Fälscher auf den seltenen Namen des Onesas verfallen sein
könnte. Nehmen wir endlich dazu, dass Figur und Inschrift bereits um die
Mitte des siebzehnten Jahrhunderts bekannt wurden, so wird auch der letzte
Zweifel an ihrer Echtheit verstummen müssen.