Neisos.
„Auf einem vortrefflichen morgenländischen Carneole von grösserem Umfange,
als die gewöhnlichen Bingsteine, der aus der Sammlung des grossen Kunstlieb-
habers Grozat. in die des Duc d'Orleans und mit dieser in die kaiserlich Bus-
sische kam, ist der unbärtige unbekleidete Zeus gebildet. Um den linken Arm
hat er die Aegis gewickelt und stützt sich ein wenig auf einen Schild; mit der
Rechten hält er den Blitz. Zu seinen Füssen steht der Adler, der im Begriff
ist, seine Flügel auszubreiten und im Felde die Aufschrift NEICOY": Köhler 518
S. 192; Mariette, Cat. Crozat p. 43, n. 713; Winckelm. Descr. II, 4-8; Mon. in.
"t. 9; Pierres gr. du Duc d'Orleans II, pl. 23; Raspe 962; pl. 18; Cades I, A, 65;
Millin Gal. myth. t. XI, f. 38; Müller Denkm. II, n. 24; C. I. 7224. Von der In-
schritt sagt Köhler: „Diese Buchstaben sind weder schön von Gestalt, noch
sauber ausgeführt; sie sind vielmehr so grob und plump geschnitten, als man
sie auf keinem andern Steine in Stosclfs und Bracci's Folge finden kann. Sie
besitzen nichts, was veranlassen könnte, sie für den Namen eines alten Stein-
schneiders zu halten. Ueberdies sind sie völlig anspruchslos und ungesucht
eingeschnitten, dergestalt, dass dieser Nisos, wie es scheint, zwar nie den Namen
des Künstlers, wie Crozat glaubte, aber beinahe eben so wenig den des Besitzers
hat bezeichnen können. Ich zweifle an dem Alterthum dieser Aufschrift." Dieser
Auseinandersetzung gebricht es vor allem an Klarheit: die Inschrift soll weder
den Künstler noch den Besitzer bezeichnen; was aber dann? Sie soll völlig an-
spruchslos und ungesucht eingeschnitten sein und doch eine Fälschung? Und
wie wäre ein Fälscher gerade auf diesen Namen gefallen? Allerdings hat auch
Bracci II, p. 284 den Künstler Neisos unter die Verdächtigen? gesetzt; vielleicht
aber nur, weil er den Namen "Nicus" las. Stephani dagegen (bei Köhler S. 353).
der nach dem Original urtheilen konnte, entscheidet sich nicht nur unbedingt
für die Echtheit der Inschrift, sondern auch für ihre Gleichzeitigkeit mit dem
Bilde; und demnach wird es erlaubt sein, dem Neisos seine Stelle unter den
Steinschneidern zu wahren. Dubois bei Clarac S. 242 erwähnt ausserdem
einen Jaspis (iaspis noir onyx) der Rogerlschen Sammlung mit der Darstellung
eines Hahns auf einem von zwei Ratten gezogenen Wagen und der fragmen-
tirten Inschrift NEI. als ein altes Werk, über welches ich mir nach dieser
kurzen Notiz kein Urtheil anmaasse.
Nikandros.
Ein Amethyst, dessen Besitz zwischen einem Engländer Deringh, einem Spanier
Horcasita und endlich dein Herzog von Marlborough gewechselt hat, zeigt das
Bruslhild der Julia, der Tochter des Titus, und hinter ihrem Halse die Inschrift
NIKANJPcLÜHl EPoEJ: Bracci II, t. 86, wo aus Versehen im Stiche die Inschrift 519
weggelassen ist; {Lippert III, n. 291], Baspe 11543; Cades V, 442; Murr p. 91;
C. I. 7227. Das Urtheil Köhler's (S. 160) über diesen Stein lautet sehr ab-
sprechend: „Das Bilclniss ist ohne Aehnlichkeit und völlig ohne Geschmack ge-
arbeitet, und eben so wie die Inschrift von neuer Abkunft. Auch hier muss
man sich wundern, dass Millin (Introd. p. 67) den Steinschneider Nikandros
und sein elendes Werk in sein Verzeichniss aufgenommen hat." Die Unecht-
heit halte ich jedoch hierdurch keineswegs für bewiesen, da die Zuversicht des
ausgesprochenen Tadels bei Köhler häufig in dem umgekehrten Verhältnisse zu
Brunn, Geschichte der griechischen Künstler. II. 2. Aufl. 23