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Gemmenschneider.
Koinos.
Die Untersuchung; über diesen Künstler muss von einem kleinen Sardonyx aus-
gehen, der sich früher in Ficoroni's, dann des Grafen Caimo, später des Fürsten
Liechtenstein Besitz befand. Dargestellt ist auf demselben ein nackter Jüng-
ling (Meleager oder Adonis genannt), der, mit dem Elnbogen auf eine Säule
gestützt, den Speer in seiner Linken nachdenklich betrachtet. Ein Hund neben
der Säule blickt zu ihm empor: Maffei gemme ant. fig. IV, t. 20; Stosch t. 24-,
Bracci II, t. 54; Winck. Descr. II, 587; Lippert I, 295; Raspe 6482; Gades, I, F,
38; C. I. 7204. Die Inschrift hinter der Figur lautet in den drei zuerst ge-
nannten Kupfern KOIZIIOY, was Visconti (op. var. II, 121) in KOINTOY emen-
diren wollte. Der Abdruck zeigt jedoch, wie Stephani (Angebl. Steinschn.
S. 228) richtig bemerkt, deutlich KOINOY und dieser Lesart folgt auch Stosch
in der Unterschrift der Tafel und im Text. Wenn Wegen dieser Inconsequenz
Stephani eine persönliche Anklage gegen Stosch erheben will, so hat er dabei
übersehen, dass dieser den Druck seines WVerkes nicht selbst leitete, wie aus
einer Anmerkung zu S. 69 hervorgeht, dass also die Vernachlässigung der
Verbesserung im Kupfer nicht ihm zur Last fällt. Dieses Schwanken in dem
Lesen der Inschrift mag den nächsten Anlass zur Verdächtigung der ganzen
Arbeit gegeben haben, wobei wohl selten so leichtfertig, wie hier von Köhler
(S. 183) geurtheilt worden ist. Aus seinen Worten geht hervor, dass er nicht
einmal einen Abdruck vor sich hatte: denn er weiss nicht, welche Lesart der
Inschrift die richtige ist. Nichtsdestoweniger heisst es: "Die Aufschrift ist offen-
bar neu und der Stein ist daher (weil ein später bekannt gewordener, gleich-
falls sehr kleiner Stein mit der Inschrift KOIMOY wahrscheinlich von Natter's
Hand ist) eher ein Werk Natter's als eines alten Künstlers, worüber der Anblick
des Steines allein entscheiden könnte." Köhler vergass also in seiner Leiden-
schaft der Verdächtigung, dass Natter erst gegen 1782 nach Florenz kam und
erst von da an im Styl der antiken Steinschneider zu arbeiten anfing (Gori
Dact. Smith. II, p. 279; Natter Methode, preface p. XXXIII), während er selbst
den Stein aus dem- schon 1724 erschienenen Werke von Stosch citirt. Gründ-
licher verfahrt Stephani; aber seine Argumentation ist darum nicht überzeugen-
der: "Dieser Stein ist Wahrscheinlich eine moderne Gopie der von lllaffei er-
wähnten Statue, mit welcher die Composition nach seiner Versicherung voll-
kommen übereinstimmen soll. Diesen Verdacht erweckt schon die ungemeine
Kleinheit des Maassstabes während von antiker Freiheit und Energie das
sauber und elegant gearbeitete Bildchen keine Spur zeigt. Die mit Kugeln ver-
sehenen Buchstaben sind allerdings etwas tiefer eingeschnitten, als gewöhnlich
die modernen, entsprechen diesen aber durch die äusserst dünnen und schmalen
Linien, aus denen sie bestehen." Das Letztere wird durch den Abdruck, den
ich vor mir habe, keineswegs bestätigt; und was den Styl des Bildes anlangt,
so vermag ich etwas Unantikes wenigstens in demselben nicht zu finden, und
der Charakter der Sauberkeit und Eleganz scheint mir gerade durch die Klein-
heit des Maassstabes bedingt und gerechtfertigt. Endlich bliebe aber noch die
Frage zu erledigen, wie ein moderner Fälscher auf den ungewöhnlichen Namen
Koinos verfallen konnte. Stephani antwortet durch die Hinweisung auf den
gleichnamigen Maler bei Plinitis 35, 135): Coenus (pinxit) stemmata. „Allein es