Volltext: Die Maler. Die Architekten. Die Toreuten. Die Münzstempelschneider. Die Gemmenschneider. Die Vasenmaler (Bd. 2)

Einleitung. 
307 
aber die grösste ist, auf einem Werke von hoher Vortreiflichkeit und grossem 
Umfange, wogegen z. B. an dem stehenden Herakles des Admon die Grösse 
der Inschrift weder durch die eine, noch durch die andere Rücksicht gerecht- 
fertigt erscheint. 
Aus dem gleichen Gefühle der Bescheidenheit erklärt es sich, dass in den 449 
echten Künstlerinschriften die Buchstaben nicht weit gesperrt und die Namen 
stets ungebrochen in einer Zeile stehen. Eine Vertheilung in mehrere Zeilen 
scheint nur da als zulässig betrachtet worden zu sein, wo die Inschrift aus mehr 
als einem Worte besteht. Eben so ist kein einziges sicheres Beispiel bekannt, 
wo der Name durch einen Theil des Bildes unterbrochen oder die Inschrift rings 
um das Bild herum vertheilt wäre, offenbar weil sie dadurch den Anspruch er- 
heben würde, mehr als ein Parergon zu sein. 
Beachtung verdient ferner auch die Stelle, an der die Inschrift an- 
gebracht ist. Bei den Cameen scheinen allerdings aus dem schon früher an- 
geführten Grunde nur rein künstlerische Rücksichten maassgebend gewesen zu 
sein. Die Namen des Athenion, Boethos, Protarchos stehen theils über, theils 
unter dem Bilde, theils mehr zur Seite; und sind nicht immer horizontal, son- 
dern in schräger, den Linien des Bildes angemessener Richtung angebracht. 
An den Köpfen des Augustus von Dioskurides, des Germanicus von Epitynchanos,  
des Portraits von Herophilos haben die Künstler vertiefte Schrift gewählt, wie 
es scheint, absichtlich, theils damit nicht der Name für den der dargestellten 
Person genommen werde, theils aus dem künstlerischen Grunde, weil erhabene 
Schrift die naturgemässe Abrundung eines Portraitkopfes nur gestört haben 
würde. Demnach dürfte z. B. der erhaben geschnittene Name des Admon unter 
einem Augustuskopf vielmehr einen Beweis der Unechtheit, als der Echtheit des 
Werkes abgeben. Die vertieft geschnittenen Steine dagegen waren meist zum 
Siegeln bestimmt; und demnach musste, wie hinsichtlich der Grösse der In- 
schrift, so auch hinsichtlich der Augenfälligkeit ihrer Stellung dem Besitzer der 
Vorrang eingeräumt werden: selbst bei nicht bestellten, sondern zum Verkauf 
gearbeiteten Siegelsteinen war der wichtigste Platz dem Namen des Besitzers 
offen zu halten. Werfen wir jetzt einen Blick auf die sicheren Künstlerinschriften, 
so finden wir, dass sie sich diesem Gesetze streng unterworfen haben, indem 
sie fast ohne Ausnahme entweder an einer innerhalb des Bildes freigelassenen 
Stelle oder in den Feldern zur Seite des Bildes angebracht sind, theils in senk- 
rechter, theils in horizontaler Richtung, bei Profilbildtingen am liebsten in dem 450 
hinteren Felde, bei Köpfen indessen auch horizontal in dem naturgemäss etwas 
erweiterten Felde vor dem Halse. Da die Bacchantin des Solon nicht als ein 
einfacher Kopf, sondern wegen der Brust und des Armes mit dem Thyrsus als 
eine künstlerische Composition zu betrachten ist, so kann der Umstand, dass 
an ihr der Name gerade vor dem Gesichte steht, nicht als maassgebend für 
andere Köpfe betrachtet werden; und es ist deshalb die Frage gerechtfertigt, 
ob der Name des Künstlers vor dem Kopfe selbst und namentlich der Länge 
nach vor dem Gesicht eines Kopfes stehen könne, wo er, wie nicht zu leugnen 
ist, anspruchsvoller erscheint, als an den vorher betrachteten Stellen. Bei dem 
Namen des Aulos vor einem Kopfe des Aesculap macht es die eigenthümliche 
Umgrenzung" ohnehin schon unwahrscheinlich, und es handelt sich daher zu-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.