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Kreta mit der Inschrift ATEJYANTOE EHOEI. Später gesellte sich zu diesem
einen Beispiele ein zweites, indem sich auf Münzen von Klazomenae der Name
des Theodotos mit dem gleichen Zusatze fand: OEOAOTOE EIIOEI. Hier-
durch ist für uns die Gewissheit gewonnen, dass es den Stempelschneidern im
Alterthum Wenigstens nicht durchgängig untersagt sein konnte, ihre Namen auf
ihren Werken anzubringen. Freilich entsteht nun, sobald das Verbum fehlt,
sofort die Ungewissheit, in Welcher Weise die Inschriften der Künstler von denen
anderer Personen auf den Münzen zu unterscheiden sind, und es ist daher un-
vermeidlich, dass alles, was sich hierüber aufstellen lässt, nicht sowohl den
Werth einer vollen Gewissheit, als nur einer grösseren oder geringeren Wahr-
scheinlichkeit für sich in Anspruch nehmen kann.
Eine allgemeine Analogie bieten uns zuerst die Künstlerinschriften über-
haupt. Es gilt für sie (von einzelnen Ausnahmen natürlich abgesehen) die
Regel, dass sie dem Auge so viel wie möglich entzogen werden. Bei sta-
tuarischen Werken scheinen sie, namentlich in der besten Zeit, ihre Stelle selten
41T an dem Werke selbst gefunden zu haben, sondern an der Basis, und auch da
nur in einer Weise, welche sie der Dedicationsinschrift untergeordnet erscheinen
lässt. Später finden wir sie allerdings wohl an der Plinthe der Statue, häufiger
aber auf Nebenwerken, dem Sitze, der Stütze oder auch an einer Falte des Ge-
wandes angebracht. Die Neuzeit folgt hierin, ohne dass sie darin die Nach-
ahmerin der Alten wäre, denselben Principien, offenbar geleitet von dem richtigen
Gefühle, dass der Künstler dem Beschauer die Erinnerung an seine Person nicht
aufdrängen soll. Erst wenn durch das Werk selbst ein persönliches Interesse
an dem Urheber geweckt worden ist, soll demselben durch den Namen des Künst-
lers gewissermassen auch eine äussere Beglaubigung verliehen werden.
Den Münzen am nächsten verwandt sind die geschnittenen Steine. Bei
ihnen aber lehrt die Erfahrung, dass die Inschriften der Künstler fast nie in
einer solchen YVeise hervortreten, dass das Auge des Beschauers auf sie sogleich
beim ersten Anblicke hingezogen würde. Häufig sind sie vielmehr von einer
solchen Feinheit, dass das Auge, auch wenn es sie entdeckt, doch "nur mit
Anstrengung oder mit lilülfe des Vergrösserungsglases zur Lesung der ein-
zelnen Buchstaben gelangt. Namen mit stark hervortretender Schrift werden
immer ihre Beziehung nicht auf den Künstler, sondern auf den Besitzer zu
ünden haben.
Die Münzen nun sind ihrer ursprünglichen Bestimmung nach nicht Kunst-
werke, sondern Werthzeichen. Ihre Gültigkeit als solche wird durch bestimmte
äussere Zeichen beglaubigt, und zwar sowohl durch die verschiedenen Arten
des Gepräges, als durch die lnschriften. Wir finden die Namen der Städte,
Staaten oder Könige, Welche die Münzen prägen liessen; wenig verschieden da-
von sind die lnschriften, welche zur Erklärung der bildlichen Darstellung dienen:
denn auch die Namen von Göttern und Dämonen führen uns als die Beschützer
gewisser Orte und Personen wieder auf diese zurück. Ist aber hierdurch nur
erst die allgemeine Beglaubigung gegeben, so sollen andere Inschriften dieselbe
mehr im Einzelnen gewähren. Dies geschieht dadurch, dass die Magistrats-
personen durch die Hinzufügung ihrer Namen, sei es in voller Schrift, sei es
in Monogrammen, gewissermassen die Bürgschaft für die Richtigkeit der Wäh-