Architekten.
welcher (II, 103) des Theodoros mehr beiläufig gedenkt, als Diodor, welcher
(I, 98) eine gewiss nicht in allen Punkten haltbare Erzählung von der in zwei
Stücken gefertigten Statue des Apollo Pythaeos beibringt.
Aber, behauptet Urlichs weiter, „ auch der künstlerische Charakter des zweiten
Theodoros ist ein anderer. Wir kennen weder Bauten noch Erzwerke von ihm,
sondern nur kostbare Arbeiten in edlen Metallen und Steinen von ausgezeichneter
Vollendung" (S. nemlich den Ring des Polykrates, das silberne Mischgefäss zu
Delphi, ein goldenes zu Susa, und ebendaselbst den goldenen Weinstock und die
goldene Platane. „W'ie sollen wir nun diesen Künstler des verfeinerten Luxus, diesen
Benvenuto Gellini der kunstliebenden Könige und Tyrannen, für den Altersgenossen
jenes Rhökos halten, von dem Pausanias nur eine eherne Statue kennt, die er
für älter und roher erklärt als ein Werk, das man in Amphissa für ein Stück
aus der trojanischen Beute ausgab?" (S. 28). Hiergegen bemerke ich, dass die
Bewunderung des Alterthums, namentlich in Betreff jener hier besonders in Be-
tracht kommenden Bäume, gewiss weit mehr durch die Kostbarkeit der Stoffe,
386 als durch den Kunstwerth bedingt ist. Aber es mag selbst eine relativ grosse
künstlerische Vollendung zugegeben werden, so liefert dennoch die Verglei-
chung mit dem unvollkommenen Werke des Rhökos keinen Beweis für die spä-
tere Zeit jener XVerke- Es genügt, auf das honierische Zeitalter hinzuweisen,
um zu zeigen, wie- die eigentlich statuarische Kunst noch eine sehr niedrige
Stufe einnehmen kann, während jene dem „verfeinerten Luxus" dienende Kunst
auf ihrem Gebiete schon ganz anerkennenswürdige Leistungen aufzuweisen hat.
Spricht doch sogar die kleine llias (Schol. Eurip. Troad. 822; cfr. Orest. 1376)
schon von einem goldenen Weinstöcke, freilich als einem Werke des Hephä-
stos, welcher möglicher Weise die Veranlassung zu dem Werke des Theodoros
gewesen sein kann. Dass endlich der Architekt und Erfinder des Erzgusses
nicht auch zugleich jene Arbeiten in edleren Stoffen und in einer feineren
Technik habe ausführen können, wird Angesichts mancher Analogien alter und
neuer Zeit niemand behaupten wollen. Hiernach aber bleiben uns keine
Gründe übrig, welche uns an der Identität der zwei Künstler des Namens Theo-
doros zweifeln lassen, und ich muss daher den Erörterungen von Urlichs gegen-
über, so weit sie die Chronologie und Genealogie der ältesten samischen Künstler
betreffen, an den früher von mir aufgestellten Resultaten festhalten. Dagegen
bekenne ich gern, dass von ihm die Kenntniss der einzelnen Werke dieser
Künstler theils durch die Beibringung mancher von mir übersehenen Notizen
erweitert, theils durch eine schärfere Kritik der Verschiedenen Angaben geläutert
worden ist. Es scheint mir daher nicht unangemessen, an dieser Stelle die Reihe
der Werke noch einmal im einzelnen durchzugehen.
Das Heräon zu Samos. Mit Recht weist Urlichs darauf hin, dass bei
den Worten Vitruvs VII, praef. ä 12: de aede Junonis, quae est Sami Dorica,
Theodorus (edidit Volumen), entweder ein grobes Versehen dieses Schriftstellers,
oder wohl richtiger eine Gorruptel anzunehmen ist, indem das richtige und ur-
sprüngliche Ionica, dessen Anfangsbuchstabe sich in der Endung Sami verlor,
durch die Nachbarschaft der Wörter Doricorum (in dem vorhergehenden Satze
des symmetriis Doricorum) und Theodorus in Dorica verdorben wurde. Denn
387 die noch erhaltenen Reste sind ionischer Ordnung; und von einem Umbau des