Malerei
Die
der
Diadochenperiode.
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hierin müssen wir noch bestärkt werden, wenn wir hören, dass zu Gicerds Zeit
die Einwohner von Kyzikos zwei Bilder des Aias und der Medea als den Stolz
ihrer Stadt betrachteten 1), in welchen wir unschwer die Werke des Timomachos 281
wiedererkennen. Denn, wie Welcker bemerkt: „so häufig sind die Gemälde
und Statuen nicht, die von den Kunstkennern des Alterthums als ein Höchstes
an ihrem Ort oder in ihrer Art herausgestellt werden, dass sie sich in derselben
dargestellten Person, sei es die eines Gottes oder eine heroische, begegnen
Sollten: und hier ist es nicht ein einzelnes Werk, sondern ein Paar von Gegen-
Stücken, vereinigt in Kyzikos, wie in Rom." Sollte aber selbst Plinius 2), wo
61" erzählt, dass Agrippa von der Stadt Kyzikos einen Aias und eine Venus ge-
kauft, aus Versehen eine Venus statt der Medea genannt haben, und sollten
daher diese beiden Bilder mit den von Cicero genannten identisch sein, so
wird dadurch in der vorliegenden Frage nichts Wesentliches geändert, indem
ja Sehr wohl eine Wiederholung von der Hand des Timomachos selbst vor-
handen sein konnte, welche Caesar kaufte. Auf keinen Fall werden wir das
Verdienst der Zusammenstellung des Aias und der Medea dem Timomachos ab-
Sprechen dürfen, und diese war bereits zu Cicerds Zeit berühmt.
Damit ist allerdings scheinbar jeder Halt für eine Zeitbestimmung des
Künstlers verschwunden: gewisse allgemeine Grenzen werden sich jedoch immer
noch nachweisen lassen. Bei Cicero, Plinius, Quintilian, Lucian finden wir
häufig mehrere Maler in Verbindung mit einander genannt, welche gewisser-
Inaassen als Repräsentanten ihrer ganzen Kunst zu gelten haben. Sie wechseln
bei den verschiedenen Schriftstellern, so dass die Reihe ihrer Namen keine
ganz kurze ist; aber keiner der in dieselbe aufgenommenen Künstler ist jünger
als Apelles und Protogenes oder der Zeit nach als Ol. 120. Wir haben hier
also eine Art von Kanon, wie in der Litteratur, vor uns, welcher bald nach dem
angegebenen Zeitpunkte sich festgestellt haben muss, was um so wahrschein-
licher ist, als ja damals neben den übrigen wissenschaftlichen auch die kunst-
geschichtlichen Studien blühten. In dieser kanonischen Reihe nun finden wir
den Namen des Timomachos nirgends angeführt: nur einmal, wo die unvoll-
endet gebliebenen Werke berühmter Künstler zusammengestellt werden, wird
Timomachos neben Aristides, Nikomachos und Apelles erwähnt. Hieraus glaube 282
16h den Schluss ziehen zu dürfen, dass er zur Zeit der Feststellung jenes Kanon
nßch nicht gelebt hatte, und dass also, da er zu Gaesars Zeit schon lange den
Todten angehörte, seine Blüthe in die eigentliche Diadochenperiode zu setzen ist.
Die schönste Bestätigung gewinnt aber diese Zeitbestimmung durch die
Betrachtung der künstlerischen Eigenthümlichkeit des Timomachos selbst, wie
uns dieselbe aus seinen Werken entgegentritt.
Wir haben am Schlusse der vorigen Periode darauf hingewiesen, wie sich
nach und nach in der Malerei zwei Richtungen neben einander ausgebildet
hatten. Die eine legte vorzugsweise Werth auf die künstlerische Durchführung,
und beschränkte sich daher meist auf wenige Figuren in ruhiger Haltung, die
mehr einen Gedanken, als eine Handlung aussprechen sollten. In der andern
herrscht das Streben vor, durch eine lebendig bewegte Handlung das Interesse
Verr.
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