Volltext: Die Maler. Die Architekten. Die Toreuten. Die Münzstempelschneider. Die Gemmenschneider. Die Vasenmaler (Bd. 2)

Maler. 
bergen, im Profil malte. Um aber die Angabe des Plinius richtig zu würdigen, 
müssen wir wiederum zu den Vasen unsere Zuflucht nehmen. Auf ihnen. wird 
man sagen, ist die Prolilbildung seit den ältesten Zeiten durchaus Regel. Aller- 
dings; streng genommen aber doch nur im Lineigentlichen Sinne; genauer 
müssten wir nicht von Profilbildern, sondern von Silhouetten sprechen, in denen 
ausser dem Gontour noch andere Formen durch Linien bezeichnet sind: liniis 
intus sparsis, wie Plinius von der Malerei des Aridikes und Telephanes bemerkt. 
Das eigentliche Profil unterscheidet sich davon hauptsächlich in der Bildung 
des Auges. Dieses aber erscheint auf den Vasen alten Stils stets so gezeichnet, 
als sei es von vorn gesehen. Erkennen wir es nun als das Verdienst des Kimon 
an, dass er in der Zeichnung des Auges zu naturgemässer Richtigkeit sich 
erhob, so war damit ein höchst wesentlicher Fortschritt gewonnen. Denn erst 
dadurch ward möglich. was als das weitere Verdienst des Kimon geschildert 
wird, das Antlitz mannigfaltig zu bilden, im Zurück-, Aut- oder Herunterblicken: 
alles Ausdrucksweisen, die lediglich auf der Zeichnung des Auges beruhen. 
Denn an blosse Wendungen des ganzen Kopfes zu denken, erlaubt der Aus- 
druck varie formare voltus nicht, welcher bestimmt auf den durch den Blick 
bedingten Ausdruck des Gesichtes hindeutet. 'Halten wir nun diese Beziehung 
auf eine feinere Durchbildung der Zeichnung fest, so werden uns auch die wei- 
11 teren Angaben des Plinius leicht klar werden. Articulis membra distinxit: an 
die Stelle der silhouettenartigen Behandlung trat eine naturgemässere Zeichnung 
der Gelenke, damit je nach der verschiedenen Lage der Körper auch die Lage 
der einzelnen Glieder, ihre Richtung und Bewegung dem Beschauer deutlich 
werde. In der Angabe der Adern mögen wir zunächst nur ein Streben nach 
grösserer Durchbildung alles Details erkennen. Dagegen scbliesst es sich an 
die vorher bezeichneten Vorzüge an, dass er in der Gewandung rugas et sinus 
mvenit. Gern wird man zugeben, dass dies nicht einfach von der Andeutung 
der Falten überhaupt, sondern von einer kunstmässigeren Sonderung der Massen 
zu verstehen ist. In den Vasenbildern alten Styls finden wir nieistentheils die 
Falten in langen Linien über die Formen des Körpers hinweggezogen, ohne 
dass auf die Rundung desselben in durchgreifender WVeise Rücksicht genommen 
Wäre. Dem Kimon nun werden wir das Verdienst zuerkennen, dass er die 
Falten und Bauschungen des Gewandes in bestimmten Massen sonderte, wie 
sie sich theils durch den Wurf des Gewandes selbst, theils nach der Natur der 
unter ihnen liegenden Formen des Körpers bilden müssen.  Fassen wir alle 
diese einzelnen Bemerkungen zusammen, so ordnen sie sich leicht einem ein- 
heitlichen Gesichtspunkte unter: wir erkennen nemlich in Kimon von Kleonae 
den Begründer einer kunstmässigen Zeichnung, und müssen dieses Verdienst 
um so höher schätzen, als es der weiteren Entwickelung der Malerei nach zwei 
verschiedenen Richtungen hin die Wege bahnte: die strengere Rücksicht auf 
die Natur der Form war der erste Schritt, um die Aufmerksamkeit auf die Be- 
deutung von Licht und Schatten, d. h. das Malerische im engeren Sinne im 
Gegensatz der blossen Zeichnung, hinzulenken; der Fortschritt in der Zeichnung 
des Auges dagegen erschloss ein ganz neues Gebiet in geistiger Beziehung, die 
Möglichkeit des mannigfaltigsten physiognomischen Ausdruckes. Dass wir aber 
auch durch diese Auffassung die Bedeutung des Kimon nicht zu hoch anschla-
	        
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