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Die
Maler.
seine Sorgfalt gewünscht hatte; und so stellte in dem Gemälde ein glücklicher
Zufall die Natur dar. Wie in diesem Beispiele soll auch Nealkes einen ähn-
lichen Erfolg beim Schaum eines Pferdes erlangt haben, indem er eben so den
Schwamm darauf warf, als er seinen Rossebiindiger malte, der ein Paar Pferde
zurückhielt. So zeigte Protogenes auch den Weg zur Glücksgöttin. YVegen
dieses Jalysos, nemlich um dieses Bild nicht zu verbrennen, zündete der König
Demetrios Rhodos nicht an, obwohl er es allein von der Seite, WO das Bild
sich befand, nehmen konnte; und während er des Gemäldes schonte, entging
ihm die Gelegenheit zum Siege. Protogenes befand sich damals in seinem
Gärtchen in der Vorstadt, d. h. im Lager des Demetrios; und unbekümmert
um die Kämpfe ging er von den angefangenen WVerken erst weg, als ihn der
235 König rufen liess, und auf die Frage, wie er es wage, sich ausserhalb der Mauern
aufzuhalten, antwortete er: er wisse, dass der König mit den Rhodiern Krieg
führe, nicht mit den Künsten. Zu seinem "Schutze stellte der König Wachen
auf, erfreut, die Hände zu erhalten, deren er geschont hatte; und um ihn nicht
öfter wegzurufen, kam er, der Feind, freiwillig zu ihm, und sah, ohne seiner
Siegeswünsche zu gedenken, während des Waffenlärmes und des Mauernsturmes
dem Künstler zu. An dem in jener Zeit gemalten Bilde haftet noch der Ruf,
dass es Protogenes -„unter dem Schwerte" gemalt habe. Es ist ein Satyr,
anapauomenos, der ruhende genannt, und damit die Hinweisung auf die
sichere Ruhe jener Zeit nicht fehle, hält er die Flöten. Er malte auch die
Kydippe und Tlepolemos, und Philiskos, den Tragödienschreiber im
Nachsinnen, einen Athleten, den König Antigonos und die Mutter des
Philosophen Aristoteles, welcher ihm rieth, die Thaten Alexanders des
Grossen zu malen wegen des unvergänglichen Ruhmes derselben. Aber sein
geistiger Drang und eine gewisse Begierde nach Kunst (d. h. nach der höchsten
kunstmässigen Durchbildung) "trieb ihn vielmehr zu den genannten Dingen.
Zuletzt malte er Alexander und Pan; er machte auch Bildwerke aus
Erz (nemlich Krieger, Bewaffnete, Jäger und Opfernde), wie wir 1) gesagt haben."
Hierzu gesellt sich bei Plinius noch, was schon früher über das Verhält-
niss des Protogenes zu Apelles mitgetheilt worden ist, das Urtheil des Letzteren
über seine Kunst und namentlich über den Jalysos; die Geschichte von den
drei Linien, und die Sage, dass Apelles Bilder des Protogenes habe kaufen
wollen, angeblich um sie als eigene Werke wieder zu verkaufen.
Kaunos wird als Vaterstadt des Protogenes auch von Pausanias 2) und
Plutarch ä) angegeben. Suidas 4) und Gonstantinus Porphyrogenitus-i) nennen
Xanthos in Lykien. Beide Städte liegen nicht sehr weit von einander entfernt und
Rhodos gegenüber; der YViderspruch dieser Angaben ist also sachlich unwesent-
lich. Sein Wohnsitz war Rhodos; doch arbeitete er die in Athen befindlichen
Werke vielleicht an Ort und Stelle. Dort konnte er auch die Bekanntschaft des
236 Aristoteles machen, welcher sich daselbst von Ol. 111, 3-114, 3 (334-322 a. C.)
aufhielt und bald nach seinem Weggange von dort starb. In dieser Zeit musste
also Protogenes sicher schon als Maler thätig sein. Bis zur 119ten Olympiade
führt uns dann die Begegnung mit Demetrios bei der Belagerung von Rhodos
Demetr
themaf.