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Die
Maler.
und an die vier Farben erinnert er nochmals bei Gelegenheit des blitztragen-
den Alexander. Cicero 1) dagegen beschränkt den Gebrauch der vier Farben
auf die ältere Epoche des Zeuxis, Polygnot und Timanthes, während er die
spätere des Aetion, Nikomachos, Protogenes, Apelles schon vollkommen durcl1-
gebildet nennt. Es leuchtet zunächst ein, dass nicht von einer Behandlung
dieser Farben ohne Licht und Schatten die Rede sein kann. Aber auch nach
dieser Beschränkung kann die Angabe des Plinius nicht wörtlich verstanden
werden, indem er bei mehreren Gelegenheiten noch andere Farben namhaft
macht, welche von Malern, die älter als Apelles waren, angewendet wurden.
Offenbar soll nur von einfachen, natürlichen Farbstoffen die Rede sein, im
Gegensatz zu den materiell kostbaren und gekünstelten. Plinius vergleicht die
Einfachheit der älteren Maler bei der höchsten Kunst mit dem Verfall seiner
225 Zeit, trotzdem dass in dieser der Purpur zum blossen Anstrich der Wände ge-
braucht werde und Indien den Schlamm seiner Flüsse, das Blut von Drachen
und Elephanten liefere. In ähnlicher Weise könnten wir auch von unserer Zeit
reden und ihr etwa die des Raphael gegenüberstellen, in welcher so mancher
von heutigen Effectmalern benutzte Farbstoff noch nicht einmal entdeckt war,
so. dass man nach einem geläufigen, wenn auch ungenauen Malerausdruck sagen
könnte: man habe sich damals auf die Okerfarben beschrankt.
Ist somit das Zeugniss des Plinius für die Erkenntniss der besondern
Verdienste des Apelles in der Behandlung der Farbe von geringem Werthe, so
müssen wir versuchen, diese Lücke durch anderweitige Nachrichten zu ergänzen.
Da finden wir denn, dass Apelles mit seinen verhältnissmässig geringen Mitteln
doch bedeutende Erfolge erreicht haben muss. So deuten in dem Bilde der
Verleumdung die leidenschaftliche Erregtheit der-Hauptperson, das bleiche, ab-
gezehrte Aussehen des Neides, die Scham im Antlitz der Reue wenigstens auf
mannigfachen Wechsel in den Farbentönen; in welcher Beziehung auch die
Darstellungen von Sterbenden nicht zu übersehen sind. Ja die Personiücationen
der Gewittererscheinungen sind ohne kräftige Farbeneffecte eigentlich kaum
denkbar; und dass sie Apelles hier nicht verschmähte, können wir aus dem
Bilde Alexanders folgern, in welchem der Blitz eine keineswegs untergeordnete
Rolle spielte, da Plinius bemerkt, er scheine sich ausserhalb der Tafel zu be-
linden. Dieses Bild hatte aber ausserdem auch in der Behandlung der Farbe
manches Auffällige. Während dem Alexander eine weisse, nur gegen die Brust
hin und im Gesicht mehr geröthete Hautfarbe eigen war, malte ihn der Künstler
dunkler und in einem schmutzigen Tone. Wenn man nun darin einen Tadel
hat finden und sogar behaupten wollen, Apelles habe es nicht verstanden, die
eigenthümliche Farbe naturgetreu wiederzugeben 2), so liegt dieser Auffassung
sicher ein Irrthum zu Grunde. Denn in der Normalschönheit, welche Lucian 3)
aus den berühmtesten Kunstwerken zusammenstellen will, soll gerade der Körper
227 nach der Pankaste des Apelles gemalt werden, nicht zu weiss, sondern etwas
wie durch das Blut geröthet. Mehr als einer ähnlichen Farbengebung hätte es
aber doch auch in dem Bilde Alexanders nicht bedurft. Der Künstler 11mm" also
bei der Wahl eines schmutzigeren Tones offenbar einen besonderen Zweck, und
Brut.
Lindemann
inlag.
de
Alex.
picta.
Apelle
imagg.