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Maler.
Die
Ueher eine andere mehr allegorische Gestalt, den Krieg, ist bei Gelegen-
heit der Bilder Alexanders zu reden.
Besonders ausführlich sind wir über ein Bild der Verleumdung durch
Lucian (de calumn. n. tem. cred. 5) unterrichtet. Wir geben zunächst die Be-
Schreibung und sprechen dann erst über die historischen Umstände, auf welche
es sich beziehen soll: Rechts sitzt ein Mann mit grossen Ohren, dem Midas
darin fast vergleichbar, welcher der Diabole, der Verleumdung, schon von fern
die Hand entgegenstreckt. Ihm zur Seite stehen zwei Weiber: Agnoia und
Hypolepsis, Unwissenheit und Argwohn, „wie es scheint" (die Namen waren
also wohl nicht beigeschriehen). Von der andern Seite kommt Diabole heran,
ein prächtig schönes Weih, etwas hitzig und erregt, wie um Leidenschaft und
Zorn zu zeigen. In der Linken trägt sie eine brennende Fackel, mit der Rechten
schleppt sie einen Jüngling bei den Haaren herbei, der die Hände zum Himmel
208 erhebt und die Götter zu Zeugen anruft. Es führt sie ein bleicher und un-
gestalteter Mann, mit scharfem Blicke und dem Ansehen, als sei er von langer
Krankheit abgezehrt. Ihn wird man für Phthonos, den Neid, erklären müssen.
Noch zwei andere folgen als Geleiterinnen der Diabole; sie werden erklärt als
Epibulesis und Apate: List und Täuschung. Hinten endlich folgte noch eine
ganz traurig angethane Gestalt, in schwarzem Kleide und ganz zerrissen: Me-
tanoia war es, die Reue. Sie wandte sich weinend rückwärts und blickte voll
Schaam auf die sich nahende Aletheia, die Wahrheit. Dieses Bild zu malen,
soll Apelles durch folgenden Vorfall veranlasst worden sein: Der Maler Anti-
philos, ein Nebenbuhler des Apelles habe diesen bei Ptolemaeos verleumderischer
Weise angeklagt, dass er an der Verschwörung des Theodotos in Tyros theil-
genommen, ja dass der Abfall von Tyros und der Ueberfall von Pelusion eigent-
lich sein Werk sei, obwohl er den Theodotos nie gesehen habe, und auch nie
nach Tyros gekommen sei. Ptolemaeos sei darüber in heftigem Zorn entbrannt,
bis einer der Gefangenen, über des Antiphilos Unverschämtheit aufgebracht, den
König von dessen Verleumdung überzeugt habe. Aus Schaam über seine Leicht-
gläubigkeit habe dann der König- dem Apelles hundert Talente und dazu den
Antiphilos als Sklaven geschenkt. Dass diese Erzählung manche historische
Unrichtigkeiten enthält, hat bereits Toelken gezeigt (Amalthea III, 130 flgd.).
Hier genügt es darauf hinzuweisen, dass die Verschwörung des Theodotos unter
die Regierung des Ptolemaeos Philopator (c. Ol. 140; vgl. Polyb. V, 60; 61;
Droysen Hellen. II, S. 696; Stark Gaza 375) fällt, also in eine Zeit, in welcher
Apelles auf keine Weise mehr am Leben sein konnte. Dass jedoch das Ganze
nicht von Lucian erfunden ist, lehrt die folgende Nachricht bei Plinius (35, 89):
„Unter den Genossen Alexanders hatte Apelles kein freundliches Verhältniss mit
Ptolemaeos. Als er nun während der Regierung desselben einmal durch Sturm
nach Alexandria verschlagen war, kam er von einem durch den Betrug seiner
Nebenbuhler angestifteten königlichen Boten eingeladen zur Tafel. Während
aber Ptolemaeos darüber erzürnt ihm seine Boten zeigen wollte, damit er sage,
welcher von ihnen ihn geladen, ergriff er aus dem Kohlenbecken eine aus-
I9 gebrannte Kohle und zeichnete das Bild auf die Wand, so dass der König das
Bild des Boten, als es kaum begonnen war, erkannte." Hiernach dürfen wir
wenigstens zwei Hauptzüge in der Erzählung Lucians, das gespannte Ver-