Volltext: Die Maler. Die Architekten. Die Toreuten. Die Münzstempelschneider. Die Gemmenschneider. Die Vasenmaler (Bd. 2)

140 
Maler. 
Die 
Ueher eine andere mehr allegorische Gestalt, den Krieg, ist bei Gelegen- 
heit der Bilder Alexanders zu reden. 
Besonders ausführlich sind wir über ein Bild der Verleumdung durch 
Lucian (de calumn. n. tem. cred. 5) unterrichtet. Wir geben zunächst die Be- 
Schreibung und sprechen dann erst über die historischen Umstände, auf welche 
es sich beziehen soll: Rechts sitzt ein Mann mit grossen Ohren, dem Midas 
darin fast vergleichbar, welcher der Diabole, der Verleumdung, schon von fern 
die Hand entgegenstreckt. Ihm zur Seite stehen zwei Weiber: Agnoia und 
Hypolepsis, Unwissenheit und Argwohn, „wie es scheint" (die Namen waren 
also wohl nicht beigeschriehen). Von der andern Seite kommt Diabole heran, 
ein prächtig schönes Weih, etwas hitzig und erregt, wie um Leidenschaft und 
Zorn zu zeigen. In der Linken trägt sie eine brennende Fackel, mit der Rechten 
schleppt sie einen Jüngling bei den Haaren herbei, der die Hände zum Himmel 
208 erhebt und die Götter zu Zeugen anruft. Es führt sie ein bleicher und un- 
gestalteter Mann, mit scharfem Blicke und dem Ansehen, als sei er von langer 
Krankheit abgezehrt. Ihn wird man für Phthonos, den Neid, erklären müssen. 
Noch zwei andere folgen als Geleiterinnen der Diabole; sie werden erklärt als 
Epibulesis und Apate: List und Täuschung. Hinten endlich folgte noch eine 
ganz traurig angethane Gestalt, in schwarzem Kleide und ganz zerrissen: Me- 
tanoia war es, die Reue. Sie wandte sich weinend rückwärts und blickte voll 
Schaam auf die sich nahende Aletheia, die Wahrheit.  Dieses Bild zu malen, 
soll Apelles durch folgenden Vorfall veranlasst worden sein: Der Maler Anti- 
philos, ein Nebenbuhler des Apelles habe diesen bei Ptolemaeos verleumderischer 
Weise angeklagt, dass er an der Verschwörung des Theodotos in Tyros theil- 
genommen, ja dass der Abfall von Tyros und der Ueberfall von Pelusion eigent- 
lich sein Werk sei, obwohl er den Theodotos nie gesehen habe, und auch nie 
nach Tyros gekommen sei. Ptolemaeos sei darüber in heftigem Zorn entbrannt, 
bis einer der Gefangenen, über des Antiphilos Unverschämtheit aufgebracht, den 
König von dessen Verleumdung überzeugt habe. Aus Schaam über seine Leicht- 
gläubigkeit habe dann der König- dem Apelles hundert Talente und dazu den 
Antiphilos als Sklaven geschenkt. Dass diese Erzählung manche historische 
Unrichtigkeiten enthält, hat bereits Toelken gezeigt (Amalthea III, 130 flgd.). 
Hier genügt es darauf hinzuweisen, dass die Verschwörung des Theodotos unter 
die Regierung des Ptolemaeos Philopator (c. Ol. 140; vgl. Polyb. V, 60; 61; 
Droysen Hellen. II, S. 696; Stark Gaza 375) fällt, also in eine Zeit, in welcher 
Apelles auf keine Weise mehr am Leben sein konnte. Dass jedoch das Ganze 
nicht von Lucian erfunden ist, lehrt die folgende Nachricht bei Plinius (35, 89): 
„Unter den Genossen Alexanders hatte Apelles kein freundliches Verhältniss mit 
Ptolemaeos. Als er nun während der Regierung desselben einmal durch Sturm 
nach Alexandria verschlagen war, kam er von einem durch den Betrug seiner 
Nebenbuhler angestifteten königlichen Boten eingeladen zur Tafel. Während 
aber Ptolemaeos darüber erzürnt ihm seine Boten zeigen wollte, damit er sage, 
welcher von ihnen ihn geladen, ergriff er aus dem Kohlenbecken eine aus- 
I9 gebrannte Kohle und zeichnete das Bild auf die Wand, so dass der König das 
Bild des Boten, als es kaum begonnen war, erkannte." Hiernach dürfen wir 
wenigstens zwei Hauptzüge in der Erzählung Lucians, das gespannte Ver-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.